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DIE HINTERGRÜNDE DES MORDES AN PIERRE GEMAYEL SIND VÖLLIG UNKLAREin böses Omen für den Libanon

Schon wieder wird der Libanon von einem politischen Mord erschüttert, und wieder haben die Killer ihr Opfer und den Zeitpunkt ihres Verbrechens präzise gewählt. Mit dem Minister Pierre Gemayel trafen sie einen langjährigen Gegner der syrischen Herrschaft und eine Symbolfigur; entstammte er doch einer christlich-maronitischen Familie, die in kriegerischen wie in friedlichen Zeiten eine zentrale Rolle gespielt hat. Sein Tod kann nur als böses Omen für den Libanon gedeutet werden.

Nach dem Rücktritt der schiitischen Minister vor ein paar Tagen hatte die politische Polarisierung zwischen der Hisbollah und dem antisyrischen Regierungslager gerade einen neuen Höhepunkt erreicht. Dass genau in diesem Augenblick ein Minister auf offener Straße erschossen wird, zeigt, dass die Tat den allseits befürchteten Bürgerkrieg wohl auslösen soll. Doch die hastigen Verdächtigungen Syriens und seiner Verbündeten, die sofort aus dem Regierungslager ausgesprochen wurden, tragen jedoch nur dazu bei, die politischen Spannungen im Libanon zu erhöhen.

Denn die Ermordung Gemayels lag eigentlich im Interesse keines der politischen Lager. Natürlich, die Gegner Syriens verlieren mit Gemayel eine wichtige Stütze. Aber auch für die Hisbollah und ihre Freunde, die den Sturz der Regierung erreichen wollen, kommt der Mord ungelegen: Sie müssen nun vorläufig in die Defensive gehen. Und auch das Regime Syrien kommt diesmal nicht automatisch für den Mord in Frage. Denn gegenwärtig sucht Damaskus die politische Annäherung an die USA und den Westen. Außerdem hat das Regime schon genug Ärger mit dem Mord am ehemaligen libanesischen Premier al-Hariri am Hals.

Das von der UNO eingesetzte internationale Gericht, das die jüngsten politischen Morde im Libanon klären soll, wird es nicht einfach haben. Wunder sind von ihm nicht zu erwarten – jedenfalls nicht, solange die politischen Kräfte in Libanon nicht ihren Beitrag zur Aufklärung dieser Verbrechen leisten. Das aber wäre ihre Aufgabe. Denn zu den Tätern gehörten gewiss Libanesen.

Abdel Mottaleb El Husseini

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