: Der Traum der Yoani Sánchez
ZENSUR Endlich ging das erste unabhängige digitale Medium Kubas online – und wurde sofort blockiert
Ein dezentes Orange dominiert 14ymedio. Die erste unabhängige Internetzeitung Kubas ging am Mittwoch online. Sie soll die „komplette Spannbreite von Nachrichten, Meinungskolumnen und Fakten über die Realität unserer Insel abdecken“, kündigte Macherin Yoani Sánchez, die prominenteste Bloggerin des Landes, vorab an. Ein engagiertes Projekt, dass ein Gegengewicht zu den staatlich kontrollierten Medien bilden soll.
Doch wird es schwer sein, das Online-Medium auf der Insel zu lesen. Nur wenige Stunden, nachdem es online ging, wurden die von Kuba aus auf die Seite zugreifenden Besucher umgeleitet auf yoanislandia. Die Sánchez-kritische Webseite berichtet von deren Beziehungen in die kubanische Exilgemeinde und die Kritik ihres italienischen Übersetzers Gordiano Lupi, der ihr Geldgier vorwirft. Die im Schweizer Exil lebende Journalistin Tania Quintero kritisiert indes, dass 14ymedio nichts anders biete als Cuba Encuentro und Diario de Cuba, zwei im Exil produzierte Kuba-Nachrichtenportale.
Doch gibt es auch Solidarität mit dem Projekt, etwa von Perus Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa oder dem polnischen Friedensnobelpreisträger Lech Walesa, die an die kubanische Regierung appellierten, nicht gegen die neue Zeitung vorzugehen.
Ein zwölfköpfiges Redaktionsteam um Yoani Sánchez produziert die Webseite in deren Privatwohnung in Havannas Stadtteil Nuevo Vedado. An vielen Kubanern geht das Erscheinen der neuen Webzeitung jedoch weitgehend vorbei. Das liegt neben der Zensur vor allem auch daran, dass viele Kubaner kaum Geld für den Gang ins Internetcafé übrig haben. So könnte das ehrgeizige Projekt das gleiche Schicksal wie der Blog von Yoani Sánchez erleiden: im Ausland viel besprochen, auf der Insel weitgehend unbekannt.
KNUT HENKEL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen