müller-piepenkötter: Wenigstens geschäftstüchtig
Kennen Sie das Taschenbuch von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück: „1000 ganz legale Steuertricks“? Das druckfrische Buch von Bundesarbeitsminister Franz Müntefering: „Die Hartz-Gesetze, 3. Auflage“? Oder das Lernbuch von NRW-Schulministerin Barbara Sommer: „Zentralabitur 2008/2009 – alle Aufgaben, alle Lösungen“? Natürlich sind diese Titel nie erschienen. Eine derartige Verquickung von politischem Amt mit privater Autorenschaft verbietet sich. Genauso wie ein populärer Rechtsberater zum Autokauf aus der Feder der NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter. Der Unterschied: Müller-Piepenkötter hat genau ein solches Buch als Ministerin auf den Markt gebracht. Die Pannenserie von Müller-Piepenkötter geht also weiter.
KOMMENTAR VON CHRISTOPH SCHURIAN
Müller-Piepenkötter ist als Justizministerin Amtsträgerin. Benutzt sie ihr Ministeramt, um ein Sachbuch möglichst oft auf dem Markt absetzen zu können, missbraucht sie die verliehene Ministerwürde. Wäre es ein wissenschaftliches Fachbuch, wäre gegen Autorinnenschaft nichts einzuwenden. Auch als fachfremde Krimiautorin könnte sich Müller-Piepenkötter ans Publikum wenden. Doch einen Rechtsberater für jeden Autokäufer mit dem eigenen Amtstitel aufzuwerten, dem Taschenbuch einen halb amtlichen Status zukommen zu lassen, klingt schwer nach Amtsmissbrauch.
Die Amtshilfe fürs Buch trifft die Ministerin zu einem ungünstigen Zeitpunkt. Seit Wochen steht Müller-Piepenkötter unter Druck. Der Mord in der Justizvollzugsanstalt Siegburg, schleppende Ermittlungen, nachlässige Informationspolitik gegenüber Parlament und Öffentlichkeit, haben der einstigen Richterbund-Vorsitzenden zugesetzt. Dennoch hielten Regierungsfraktionen und Kabinett zu ihr. Dank ihrer Geschäftstüchtigkeit auf dem Buchmarkt könnte Müller-Piepenkötter nun erst recht zum Personalproblem für die Landesregierung werden.
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