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„Kurzfilme riskieren mehr“

KINO Das Hamburger Kurzfilmfestival pflegt eine Kunstform, die es in den Kinos schwer hat

Birgit Glombitza

■ 46, arbeitet als freie Autorin und ist künstlerische Leiterin des Internationalen Kurz Film Festivals Hamburg

taz: Frau Glombitza, das Internationale Kurzfilmfestival findet zum 30. Mal statt. Wie feiern Sie das Jubiläum?

Birgit Glombitza: Wir haben ein 30-Stunden-Kino eingerichtet, in dem wir sowohl Perlen aus 30 Jahren Festivalgeschichte als auch Neuentdeckungen zeigen. Die Sektion „No Budget“ ist so etwas wie die Seele des Festivals, aus der heraus ist es entstanden ist. Damals verstand sich das Festival vor allem als Plattform für Filme, die ohne Fördergelder und mit sehr geringen finanziellen Mitteln entstanden sind.

Welche Rolle spielt diese No-Budget-Philosophie heute?

Die No-Budget-Sektion des Festivals definiert sich heute eher über die Ästhetik. Denn mit den aktuellen technischen Möglichkeiten kann man ohnehin praktisch ohne Geld Filme produzieren – dazu reicht eine Handykamera. Bei No Budget zeigen wir experimentelle Filme, die teilweise fast körperliche Erfahrungen für das Publikum darstellen, beispielsweise Flickerfilme.

Letztes Jahr kamen 15.000 Besucher zum Festival. Warum sieht man im Kino praktisch nie Kurzfilme?

Das ist tatsächlich eine traurige Entwicklung. Der Kurzfilm findet nicht mehr im Kino statt, und wenn, dann höchstens die narrativen Kurzfilme als Vorprogramm zu einem Langfilm. Experimentelle Kurzfilme, die formal-ästhetisch etwas riskieren, werden – wenn überhaupt – in Museen oder Galerien gezeigt. Umso wichtiger sind Festivals wie das Kurzfilmfestival, weil sie solchen Filmen eine Plattform bieten.

Sie zeigen Filme aus über 40 Ländern. Hat der Kurzfilm andernorts eine bessere Stellung als in Deutschland?

Sicher. Frankreich beispielsweise fördert sowohl Kurz als auch Langfilme im großen Stil. Vorbildlich finde ich aber vor allem Österreich, zu dem wir dieses Jahr auch einen Länderschwerpunkt machen. Das Land hat eine stabile Experimentalfilmszene, die auch vom Staat gefördert wird. Dort wird auch ein Filmvertrieb staatlich gefördert, was aus deutscher Sicht paradiesisch ist.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft des Festivals?

Das Festival gehört mittlerweile zu den sechs wichtigsten Kurzfilmfestivals weltweit. An internationalem Zuspruch mangelt es nicht. Aber ich wünschte mir, dass das Festival von den Hamburgern noch mehr wahrgenommen wird. Denn wir zeigen Filme, die sonst kaum öffentlich zu sehen sind.  INTERVIEW:MEM

Kurz Film Festival: 3. bis 9. Juni, Programm und Spielstätten unter: festival.shortfilm.com

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