vollzugsverschärfungen: Sparen unterm Deckmantel
Erster ist Niedersachsen schon mal mit seinem neuen Strafvollzugsgesetz. Und damit vorerst auch das Land, das am härtesten durchgreift gegen Häftlinge. Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) war offenbar ganz scharf auf diesen Titel, den sie nur erringen konnte, weil ihr Hamburger Amtskollege nicht mehr Roger Kusch heißt.
KOMMENTARVON JAN KAHLCKE
Mit ihrer Leih-Rhetorik vom „Fördern und Fordern“ kaschiert die Ministerin nur sehr dünn, worum es in dem Gesetz auch geht: ums Sparen. Zellen überbelegen, Lebensmittelpakete verbieten, Fesselung erleichtern, Jugendwohngruppen auflösen – das alles ermöglicht vor allem Einsparungen, bei Räumlichkeiten und Personal. Die „Forderung“ an die Häftlinge beschränkt sich darauf, alle Schikanen klaglos hinzunehmen.
Wehe, sie tun das nicht: Dann werden Therapien gestrichen. An der Realität in den Knästen geht das weit vorbei: Viele landen dort, eben weil sie in solchen Mustern nicht funktionieren. Ihnen die Therapie zu verweigern, ist ein Rezept für den Rückfall. Was wie eine Strafe für den Häftling aussehen soll, ist eine Strafe für die Gesellschaft.
Hier kommt der Populismus ins Spiel. Das Gesetz soll signalisieren: Unsere Knäste sind keine Ferienlager. Der Adressat sind aber nicht potenzielle Straftäter, sondern die „braven Bürger“, die nach harten Strafen schreien.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen