bremerhavener kultur
: Fruchtbarer Küstenstrich

Bremerhaven gilt als das Ostdeutschland Bremens, jetzt aber lassen die Fischtown-Bewohner ihre hochmütigen Landsleute links liegen: Bremerhaven baut, die Landeshauptstadt hängt in der Warteschleife – mal wieder. Also: Von Bremerhaven lernen, heißt Stadtplanung lernen? Gerade in Sachen Kultur?

KOMMENTARVON HENNING BLEYL

Die Pointe ist leider zu schön, um wahr zu sein. Denn die Dimensionen der Projekte liegen um Größenordnungen auseinander. Die Bremer sind in der angenehmen Zwangslage, Massenausstellungen bewältigen zu müssen, in Bremerhaven kamen in guten Jahren bisher um die 10.000 BesucherInnen in die Kunsthalle.

Über den binnenbremer Vergleich hinaus ist der Vorgang aber beachtenswert: Die kleine, aber feine Prosperität des Kunstvereins führt vor Augen, dass Bremerhaven eben nicht nur West-Meister bei Arbeitslosigkeit und NPD/DVU-Präsenz ist.

Warum steht hier mehr bemerkenswerte zeitgenössische Architektur als in ganz Bremen? Warum wurden Schillers „Horen“ in Bremerhaven wieder gegründet? Warum hat das Bremerhavener Theater einen leitenden Choreografen, der locker den Sprung in den Hannoveraner Chef-Sessel schafft? Weil es hier einen von einem Teil der Bevölkerung getragenen kulturellen Humus gibt, der von der Stadtgesellschaft gewollt und für sie fruchtbar ist – in diesem Fall in Form von Beton.