piwik no script img

Die Zukunft der gentechfreien Zone Österreich

25 EU-Umweltminister werden heute über den österreichischen Sonderweg urteilen: Der Nachbar im Süden hatte sich geweigert, Kommissionsrichtlinien zum Import und Anbau von Genmais umzusetzen. Auch Ungarn weigert sich

BERLIN taz ■ Die EU-Umweltminister müssen heute entscheiden, ob Österreich weiterhin gentechnikfrei bleiben kann. Seit über sechs Jahren verweigert das Alpenland beharrlich Einfuhr und Anbau von zwei gentechnisch veränderten Maissorten, obwohl eine für alle EU-Staaten verbindliche Zulassung vorliegt. Von dem heutigen Votum wird abhängen, ob die EU-Kommission mit ihrem erneuten Vorstoß, Österreich bei der grünen Gentechnologie in die Knie zu zwingen, erfolgreich ist.

Unterstützung wird Österreich etwa aus Deutschland erhalten. „Wir sind uns mit dem Umweltministerium einig, dass das Verbot in Österreich erst einmal aufrechterhalten bleiben darf“, sagte gestern eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums der taz. Schon einmal hatte die EU-Kommission versucht, das österreichische Import- und Anbauverbot zu kippen. Der insektenresistente Mais MON 810 des US-Biotechkonzerns Monsanto und der gegen das Herbizid Basta widerstandsfähige Mais T25 von Bayer CropScience hatten im April 1998 eine EU-weite Zulassung bekommen.

Mehrere Länder, darunter Österreich, weigerten sich jedoch, diese Zulassung in nationales Recht umzusetzen. In Deutschland hat MON 810 auch erst vom neuen Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU) die bis dahin ausstehende Sortenzulassung erhalten. Auch Ungarn verweigert wie Österreich den Anbau.

Für die auf Gentechnik als Wirtschaftsfaktor setzende EU-Kommission sind die Verbote nicht vereinbar mit den für alle Mitgliedstaaten verbindlichen Zulassungsregelungen. Vor über einem Jahr versuchte sie daher schon einmal Österreich zu zwingen, den Anbau zu erlauben. Sie scheiterte jedoch am Umweltministerrat der EU. Dieser stimmte im Juni 2005 mit einer erforderlichen Zweidrittelmehrheit gegen den Vorstoß der Kommission. Wie heute die Abstimmung ausgehen wird, ist noch offen. „Die Chancen stehen sehr gut“, ist der Gentech-Experte der österreichischen Umweltorganisation Global 2000, Jens Karg, zuversichtlich. Denn um zu einer endgültigen Entscheidung zu kommen, ist im Ministerrat eine Zweidrittelmehrheit notwendig.

Nachdem Deutschland jetzt angekündigt hat, gegen den Kommissionsvorschlag zu stimmen, ist zumindest klar, dass keine Zweidrittelmehrheit gegen Österreich zustande kommen wird. Ob die Stimmen ausreichen werden, den Kommissionsvorschlag endgültig abzuwehren, ist noch offen. „Dazu müsste auch noch Spanien mitziehen“, erklärte der Global-2000-Experte Karg. Und Spanien ist derzeit das einzige europäische Land, in dem MON 810 in größerem Umfang angebaut wird. Sollten die EU-Minister ohne eindeutiges Abstimmungsergebnis wieder nach Hause fahren, kann die EU-Kommission im Januar ihre Vorlage für rechtskräftig erklären.

WOLFGANG LÖHR

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen