: Der fremde Kuchen
BROT Baguette ist, was man drauf macht. Die vietnamesische Lösung heißt Bánh Mì und ist total lecker
VON MARIE-CLAUDE BIANCO
Als die französischen Kolonialherren 1887 Vietnam besetzten, brachten sie auch ihr Baguette-Brot mit. Die vietnamesische Bevölkerung konnte zunächst nichts mit diesem Stangenweißbrot anfangen und nannte es demzufolge „Bánh Mì“ – fremder Kuchen. Doch dann begannen sie diesen fremden Kuchen einfach weiterzuentwickeln, mischten Reismehl mit in den Teig und erschufen das vietnamesische Baguette. Das Brot wurde außen deutlich knuspriger, innen viel fluffiger und schließlich mit den verschiedensten leckeren Zutaten der vietnamesischen Küche belegt. Dieses Bánh Mì schickt sich nun an, die Welt zu erobern. In Australien hat es sogar die Auszeichnung „Food of the Year“ eingeheimst. Und nun ist das Baguette auch in Deutschland angekommen: Innerhalb eines Monats eröffneten gleich zwei Bánh-Mì-Delis in Berlin – einer Stadt, in der offiziell 13.000 Vietnamesen leben.
Das CoCo im hippen Stadtteil Mitte versucht jedoch eher den Ansprüchen des dort ansässigen, auf Style bedachten Publikums aus Mode- und Medienleuten gerecht zu werden: klares, modernes Design. Mit dunklem Bambus, hellgrauen Wänden und schönen geflochtenen Körben, habe man versucht, die Farben Vietnams aufzugreifen, sagt Silke König, eine der drei InhaberInnen. Im Angebot sind belegte Sandwiches, Salate, frische Säfte und exotische Süßspeisen wie Süßmaispudding oder frische Ananas mit Chilisalz.
Herzstück des kleinen Ladens ist eine große Glasvitrine, die zugleich Tresen ist. In der Vitrine kann man sich alle Zutaten anschauen und aussuchen, mit denen man sein Brot belegt haben möchte. Hinter dem Tresen befinden sich Regale voll mit in großen Weckgläsern eingelegten Zitronen, unbehandelt schwimmen sie in hochkonzentriertem Salzwasser. Im Sommer soll daraus ein typisch südvietnamesisches Erfrischungsgetränk bereitet werden.
Sauber und frisch sieht all das aus, von dem ein kleines Schild verspricht, dass es auch wirklich hausgemacht ist. Denn darauf legt Silke König großen Wert. Sie ist mit einem Vietnamesen verheiratet, hat selbst in Vietnam gelebt. Dort sei das Bánh Mì das Pendant zur deutschen Currywurst – ein typisches Fastfood für alle. Königs Mitstreiter sind ein Deutscher und ein Vietnamese. Alle drei legen großen Wert auf Authentizität: „Wir haben vor der Eröffnung ein Jahr an dem Konzept gearbeitet“, erklärt König. „Den einzigen geschmacklichen Kompromiss, den wir bereit waren einzugehen“, berichtet sie lachend, „war der Verzicht auf knorpeliges, fettes Schweinefleisch. Das wird in Vietnam zwar besonders gern gegessen, ist den deutschen Kunden aber nicht zu vermitteln.“
Traditionellerweise wird das Bánh Mì mit einer hausgemachten Mayonnaise bestrichen, anschließend wird eine Hälfte noch zusätzlich mit Leberpastete bestrichen. Das ist die Basis für die verschiedenen Fleischsorten, die nun folgen: Eine im Bananenblatt gedämpfte Fleischpastete, eine weitere, die mit Zimt aromatisiert ist und dann noch ein paar Scheiben speziell marinierten Grillfleisches. Oben drauf gehört nun noch eine ordentliche Portion fein geschnittener Gemüsestreifen – Gurke, Tomate, Karotten, Frühlingszwiebeln, Rettich. Frischer Koriander und ein Schuss würziger aber milder Sojasauce runden den Snack geschmacklich ab.
Vegetarier müssen auf den fleischlastigen Imbiss trotzdem nicht verzichten. Es gibt auch eine sehr schmackhafte Variante mit in spezieller Marinade eingelegtem Tofu.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen