: Freie Uni bedroht
Seit sieben Monaten protestiert die Freie Uni Bochum gegen Studiengebühren – der Rektor droht mit Räumung
Das Querforum West der Ruhr-Universität Bochum ist Besatzungszone. Seit 208 Tagen wohnen, schlafen und essen hier die Mitglieder der Freien Uni Bochum, kurz FUB. Dass die Heizung abgestellt ist und aus Brandschutzgründen mit einem alten Ofen draußen gekocht werden muss, nehmen die Besetzer in Kauf. Es geht darum, ein Zeichen zu setzten: Gegen Studiengebühren, für Freiräume und Selbstbestimmung.
Aus einer relativ spontanen Idee entstand im Mai dieses Jahres die meistbeachtete Boykottorganisation gegen Studiengebühren an Nordrhein-Westfalens Hochschulen. Und vor allem eine, an die der Rektor der Ruhr-Uni, Elmar Weiler, schwer zu knabbern hat.
Momentan dreht sich der Streit zwischen Unileitung und FUB nicht um Gebühren, sondern um die besetzten Räumlichkeiten, die im Frühjahr 2007 umgebaut werden sollen. Raushaben möchte Rektor Weiler die FUBler schon jetzt, und wenn es sein muss, mit Gewalt. Viele Gespräche hat es gegeben zwischen den Besetzern und der Unileitung, mehrmals hat der Rektor den Besetzern ein Ultimatum gestellt. Einen alternativen Raum an der Uni gibt es nur, wenn die FUB sich als Vereinigung registrieren lässt, forderte der Rektor. Das ist inzwischen passiert, doch von den Raumangeboten wiederum war die FUB wenig begeistert: Ein kleiner Seminarraum im Keller, der eigentlich auch gar nicht frei war. „Am Besichtigungstermin saßen gerade ausländische Studenten bei ihrem Deutschkurs! “ empörte sich ein FUB-Mitglied. Am Mittwochmorgen brach die Unileitung endgültig die Gespräche ab.
Statt dessen hat der Rektor der Ruhr Uni jetzt Anzeige gegen die Besetzer erstattet -der FUB droht also die polizeiliche Räumung. Schon am Mittwochnachmittag erhielten die Besetzer Besuch: Die Polizei kam auf den Campus und forderte Einlass in die Räumlichkeiten, am Donnerstag war sie ebenfalls präsent.
Eine gewaltsame Räumung wäre das vorläufige Ende vieler Veranstaltungen, die seit Monaten von der FUB organisiert werden, vom Salsakurs bis zur Vorlesung „Ware Bildung“, in der man unter anderem erfährt, ob es in Deutschland ein Prekariat gibt. Auch einige Professoren beteiligen sich am Protest. Sie haben ihre Seminare ins Querforum verlegt. Trotz Räumungsdrohung will die Freie Uni bleiben. Kampflos werden die Studenten ihr erobertes Territorium nicht aufgeben. LANA STILLE
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