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Das Jahr niked sich dem Ende zu

Heißt das Olympiastadion bald Nike-Arena? Hertha BSC nutzt Jahresendflaute, um einen Verkauf der Namensrechte wieder ins Gespräch zu bringen. Senat genervt

Wenn politisch Verantwortliche in diesen Tagen das Wort „Olympiastadion“ hören, seufzen viele von ihnen. Die Hauptstadtzeitungen debattieren, ob das Rund nach 70 Jahren einen neuen Namen erhalten soll. Anlass ist ein Vorstoß von Hertha BSC. Der Fußball-Erstligist schlug vor wenigen Tagen vor, die Namensrechte am Traditionsbau für bis zu 5 Millionen Euro zeitlich befristet zu vergeben. Der Vorschlag ist nicht grundsätzlich neu. 11 der 18 Bundesligastadien tragen mittlerweile Namen von Sponsoren. Dass viele Verantwortliche in diesen Tagen seufzen, hat mit etwas anderem zu tun: Diesmal wird die Debatte besonders heftig geführt.

„Ich wundere mich über diese Diskussion“, sagte der Chef der Berliner Stadionbetreibergesellschaft, Peter von Löbbecke. Der Hertha-Vorschlag sieht vor, 60 Prozent der ersehnten Einnahmen dem Land zuzusprechen, 40 Prozent dem Sportverein. „In der Branche ist es üblich, dass der Eigentümer das Geld erhält“, betont Löbbecke. Eigentümer aber ist nicht der munter verteilende Erstligist, sondern zu 100 Prozent das Land Berlin. Seit dem Austritt von Hertha BSC und der Baufirma Walter Bau aus der Betreibergesellschaft gehört allein dem Land das Stadion der Olympischen Spiele von 1936.

Hertha möchte also nicht nur einen Kuchen verteilen, der ihr nicht gehört. Sie setzt auch ein Angebot eines möglichen Sponsors voraus, das es nicht gibt. „Eine entsprechende Anfrage liegt uns bisher nicht vor“, sagte gestern der Sprecher der Innenverwaltung, Hubertus Benert. Gemeinsam mit den Kollegen der Finanzverwaltung wäre sie die Anlaufstelle möglicher Interessenten. Vereinssponsor Nike wollte den Hertha-Vorstoß nicht kommentieren.

Doch die Debatte geht weiter. Gestern meldete die Berliner Morgenpost, es habe ein Gespräch gegeben zwischen Innensenator Ehrhart Körting, Finanzsenator Thilo Sarrazin (beide SPD), Hertha-Aufsichtsrat Werner Gegenbauer und Hertha-Manager Dieter Hoeneß. Innensenatssprecher Benert kommentierte das gestern zurückhaltend: „Das können wir nicht bestätigen.“ Dementieren will er ein Gespräch ebenso wenig.

Im Roten Rathaus zeigten sich die Verantwortlichen überrascht. „Bisher haben wir stets eine Umbenennung aus historischen Gründen abgelehnt“, sagte der stellvertretende Senatssprecher Günter Kolodziej (Linkspartei). „Und mir ist kein neuer Stand bekannt.“

SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller gibt sich zuversichtlich, dass Berlin weiter zu den Traditionsbewahrern zählen wird: „Diese Debatte taucht jedes Jahr so sicher wie das Ungeheuer aus Loch Ness auf. Wir haben eine Umbenennung des Stadions schon mehrfach abgelehnt.“ Bleibt also alles, wie es ist? Innensenatssprecher Benert urteilt: „Die Diskussion werden wir wohl eine Weile behalten, bis hinein ins neue Jahr.“ Und seufzt. MATTHIAS LOHRE

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