piwik no script img

Wegen Obst: Die SPD-Linke kabbelt sich

DESTRUKTIVE KRITIK Zoff bei den Sozis. Weil sich die Vorsitzende des Linken-Forums, Hilde Mattheis, im Ton vergriffen hat, erklären prominente GenossInnen ihren Austritt. Jetzt sucht Mattheis das Gespräch

BERLIN taz | Ungewohnt moderate Töne bekommt zu hören, wer mit Hilde Mattheis spricht. „Ich räume gern ein, dass der Vergleich nicht glücklich gewählt war“, sagt die SPD-Politikerin. Ihr Vergleich des Mindestlohngesetzes mit einem faulen Apfel scheint SPD-Arbeitsministerin Andrea Nahles in den falschen Hals bekommen zu haben. Was ist da los bei der SPD? Schmähen die GenossInnen einander jetzt mit Obstvergleichen?

Der Reihe nach. Am Freitag sind sechs prominente GenossInnen aus dem Forum Demokratische Linke 21 (DL21) ausgetreten. Sie reagierten damit auf eine Erklärung zum Mindestlohn, die DL21-Chefin Mattheis abgegeben hatte. In Anspielung auf die Ausnahmen hatte Mattheis auf der DL21-Website geschrieben: „Mit der Festschreibung des Mindestlohns hatten wir einen roten Apfel in die Hand bekommen, und jetzt zeigt sich, dass der auf der einen Seite verfault ist.“

Die Reaktion war verblüffend heftig. Nicht nur die Bundesarbeitsministerin trat aus dem Forum aus. Mit ihr gingen auch die GenossInnen Niels Annen, Benjamin Mikfeld, Florian Pronold sowie Nahles’ enge Mitarbeiterin Angela Marquardt. Absurderweise erklärte auch der Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach seinen Austritt, wiewohl er gar kein DL21-Mitglied war. „Ein Bürofehler“, rechtfertigt Lauterbach das gegenüber der taz.

In ihrer geharnischten Austrittserklärung beklagten die Ausgetretenen, die DL21 spiele unter Mattheis’ Führung „den politischen Wettbewerbern in die Hände“. In dem Bild vom verfaulten Apfel spiegele sich „eine Haltung“ wider, die Erfolge der SPD reflexhaft „schlechtrede“.

Der Verein, dessen Mitglieder eine dezidiert linke Strömung innerhalb der Sozialdemokratie repräsentieren, hat kaum Einfluss auf die Tagespolitik. Seit man von der Opposition in die Koalition geschlüpft ist, haben stramm linke Positionen keine Konjunktur. Gleichwohl hat DL21 – wie übrigens auch andere Strömungen – immer eine Meinung. Die hat diesmal Konsequenzen.

Hilde Mattheis sucht nun das Gespräch. „Wir wollen, dass es da keine Uneinigkeit gibt, sondern weiter den Austausch“, sagt sie. Zwei SMS, in denen sie Andrea Nahles um ein Gespräch bat, blieben unbeantwortet.

Mit einer Antwort, gar mit dem Wiedereintritt der GenossInnen ist nicht zu rechnen. Für Angela Marquardt kommt Mattheis’ Gesprächsangebot zu spät. In den über drei Jahren ihrer DL21-Mitgliedschaft „hat das Forum mit seiner Vorsitzenden mir wiederholt gezeigt, dass an mir kein Interesse besteht“, sagt sie der taz. Marquardt war im März 2013 mit dem Versuch gescheitert, sich zur DL21-Vorsitzenden wählen zu lassen. Der Verein, sagt Marquardt, stehe offenbar hinter seiner Vorsitzenden. „Was sollte da reformiert werden?“ Anfang 2015 wählen die rund tausend Mitglieder einen neuen Vorstand. ANJA MAIER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen