piwik no script img

„Was für ein Geburtstagsgeschenk“

Der Tropen Verlag feiert sein zehnjähriges Bestehen. Ein Skateboard-Trickbuch gehört ebenso wie Jonathan Lethems Roman „Die Festung der Einsamkeit“ zu den Hits des Verlags. Ein Gespräch mit dem Verlagsleiter Tom Kraushaar

taz: Zehn Jahre Tropen, herzlichen Glückwunsch! – Herr Kraushaar, wie zufrieden sind Sie mit dem Verlag?

Tom Kraushaar: Wir sind nicht ganz unzufrieden. Vom Beginn bis heute ist der Verlag organisch gewachsen und ohne größere finanzielle Hilfe von außen über die Runden gekommen. Dabei ist Kontinuität erhalten worden: von den Skateboardbüchern über die Bedeutung der Gestaltung bis hin zum Schwerpunkt der internationalen, besonders der US-Literatur. Die deutsche Literatur haben wir nebenher ausgebaut, ebenso wie seit zwei Jahren das Sachbuch. Für die Gegenwart des Verlages ist es schön, dass gerade dieser Bereich mit Titeln von Camille de Toledo, Denis Johnson und anderen sehr erfolgreich ist.

Versteht sich Tropen noch als kleiner Verlag?

Wenn man sich mal auf der Buchmesse mit kleinen Verlagen aus anderen Ländern unterhält, dann sind wir nicht nur klein, sondern sehr klein. In Italien oder den USA machen kleine Verlage 50 Bücher im Jahr. Wir machen 12. Wir mögen immer noch klein sein, haben aber einiges an Gelassenheit gewonnen.

Warum zog der Verlag von Köln nach Berlin?

In Köln wurde der Mietvertrag aufgelöst, und es ist dort nicht leicht, erschwingliche Büroräume zu bekommen. Aber es gab auch verlegerische Gründe. Für Sachbücher und für die deutsche Literatur ist Berlin sehr wichtig – hier wird die Politik gemacht, hier sind viele Medien zu Hause, aber auch viele Autoren. Der Input, den man bekommt, ist wesentlich größer als in Köln.

In Ihrem Programm finden sich seither verstärkt osteuropäische Autoren.

Die räumliche Nähe zu Osteuropa macht nicht so viel aus. Wichtiger ist das kulturelle Milieu, zum Beispiel, dass es hier häufig Lesungen osteuropäischer Autoren gibt und man besser ein Gefühl dafür bekommt.

Was war der bisher erfolgreichste Tropen-Titel?

Die höchste verkaufte Stückzahl hatte das Skateboard-Trickbuch „Absolute Beginners“; den höchsten Umsatz haben wir mit Lethems „Die Festung der Einsamkeit“ gemacht. Aber Elena Tregubovas „Die Mutanten des Kreml“ hat gute Chancen aufzuschließen.

Der bisher größte Flop? Das müssen Sie jetzt auch sagen.

In meiner Zeit war das – leider, denn es ist ein schöner Titel – Bruno Ballardinis „Jesus wäscht weißer“. Das Buch handelt davon, wie die Kirche einmal das Marketing erfand. Es erschien zum Kirchentag, als der Papst in Köln war, ideal eigentlich. Aber es war wohl eine Spur zu akademisch.

Auf allen Büchern der Reihe „Trojanische Pferde“ findet sich der Barcode zentral auf dem Cover. Optisch schön ist das nicht.

Finden Sie? Interessant. Wir bekommen nur positive Reaktionen. Das erste Buch dieser Reihe war „Louse“ von David Grant, und wir haben die Covergestaltung der US-Ausgabe übernommen. Uns hat das so gut gefallen, dass wir es für die Reihe beibehalten haben, weil das ähnlich wie der Verlagsname Tropen mehrdeutig und anspielungsreich ist. Und der Wiedererkennungswert ist hoch. Für kleine Verlage ist eine klare Identität unbedingt nötig.

Eine Verlagslinie auch?

Ja. Wir entwickeln unser Programm weiter, achten aber auf Kontinuitäten von Autoren und Themen, die das Vertrauen von Journalisten, Buchhändlern und Lesern aufrechterhalten. Bei Journalisten ist das leichter, bei Buchhändlern schwerer, bei Lesern weiß man es so genau nicht.

Statt eines Ausblicks: Wen würden Sie gerne mal verlegen, wenn Kosten und andere Zwänge keine Rolle spielten?

Denis Johnson wäre sicher ein Autor, von dem man träumen könnte. Aber den haben wir ja im Programm. Was für ein Geburtstagsgeschenk!

INTERVIEW: MAIK SÖHLER

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen