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Noch kein Shalom

Heute wird die neue Synagoge in Gelsenkirchen im Beisein von Jürgen Rüttgers und Charlotte Knobloch eingeweiht. Jüdische Gemeindearbeit ist immer noch auf Polizeischutz angewiesen

VON PASCAL BEUCKERUND MORITZ SCHRÖDER

Fast 69 Jahre lang klaffte eine Wunde in Gelsenkirchen, nun ist sie geschlossen: Heute wird die neue Synagoge der jüdischen Gemeinde eingeweiht. Sie soll ein Symbol sein für „die Rückkehr an den Ort, wo alles begonnen hat“, sagt Gemeindevorsitzende Judith Neuwald-Tasbach. Denn an eben jenem Ort brannten die Nationalsozialisten 1938 das damalige Gotteshaus bis auf die Grundmauern nieder.

Zu Beginn der Feier werden die Thorarollen und das ewige Licht aus dem in einem Mietshaus eingerichten alten Betraum der 600 Mitglieder starken Gemeinde zur Synagoge getragen. Eine Klezmergruppe begleitet den Zug. An der Einweihung des 5,2 Millionen Euro teuren Baus werden unter anderem Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch und NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) teilnehmen.

Für die Öffentlichkeit werden die neuen Räume erst am Sonntag offen stehen. Zumindest, wenn sie die Eingangskontrolle hinter sich gebracht haben. „Es wird wahrscheinlich noch zusätzlich Polizeischutz geben“, sagt Neuwald-Tasbach. Bisher gibt es laut Polizeisprecher Konrad Kordts aber keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdung durch antisemitische Übergriffe.

Esra Cohn kann sich das jüdische Gemeindeleben in den 18 Synagogen in NRW ohne Polizeischutz allerdings nicht mehr vorstellen: „Wir haben uns daran gewöhnt, uns schützen zu müssen“, sagt der Vorsitzende des jüdischen Landesverbands Nordrhein und Vorsitzende der Düsseldorfer Gemeinde. Dort bewacht heute außer der Polizei ein eigener Sicherheitsdienst Synagoge und Gemeinderäume. „Wir achten stark darauf, ob irgendwo Taschen herumstehen. Schon die Kinder aus der Gemeinde lernen, mit der Gefahr umzugehen“, sagt Cohn. Dass solche Vorkehrungen nicht ohne Berechtigung sind, zeigte ein Anschlag von zwei verhetzten Jugendlichen arabischer Herkunft mit Molotow-Cocktails im Jahr 2001 auf die Synagoge. An regelmäßige Drohbriefe von AntisemitInnen hat sich Cohn bereits gewöhnt.

„Das ist halt so“, sagt lakonisch Abraham Lehrer vom Vorstand der Kölner Synagogen-Gemeinde. „Die politische Lage gibt es einfach nicht her, auf umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen zu verzichten“, so der 52-Jährige. Gerade bei größeren Gemeinden wie der Kölner sei das Gefährdungspotential höher. Entsprechend würde die Polizei bei allen mittelgroßen und großen Veranstaltungen sowohl vor der Synagoge in der Roonstraße als auch vor dem Wohlfahrtszentrum in der OttostraßePräsenz zeigen. Zudem gäbe es noch eine eigene Security, die auch beispielsweise Jugendgruppen der Gemeinde bei Ausflügen begleite. „Unsere Kinder sind damit groß geworden.“ Dass sich an diesem traurigen Zustand in absehbarer Zeit etwas ändern wird, glaubt Lehrer nicht: „Ehrlich gesagt: Ich fürchte, dass ich das nicht mehr erleben werde.“

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