piwik no script img

soundtrack

Als der Gitarrist Bruce Cockburn nach Boston kam, an die Berklee School of Music, war dieser Nabel der Jazzpädagogikwelt noch in zwei schäbigen Häusern untergebracht. Es waren wohl eher die Schüler und ihr Engagement, die den damals jungen Kanadier faszinierten. Heute weist er als politischer Folk-Barde in seinen Songs gerne mal auf die Missstände hin, die noch nicht von Michael Moore oder Al Gore im Kino an den Mainstream-Pranger gestellt wurden.

„Life short call now“ heißt sein aktuelles Album, auf dem neben Ani Di Franco auch ein 23-köpfiges Orchester zu hören sind. Auf Tournee verliert Bruce Cockburn keine Zeit mit großer Besetzung, sondern reist solo mit seiner Gitarre an – und mit Angela Desveaux, die seine Tochter sein könnte, tatsächlich aber der Liebling der Montrealer Community ist. Und heute Abend sicher auch des Publikums im Knust.

Wenn Buggy Braune im Birdland spielt, braucht’s schon einen Special Guest, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen. Das ist eine Schande, denn in guter alter Miles-Davis-Manier hat BB einige der besten MusikerInnen Deutschlands zusammengebracht. Sein Quintett spielt einen tagesaktuellen Jazz, der nicht nach dem neusten Hype schielen muss. Der Sänger Ken Norris kam nach Hamburg, um hier sein Geld im Hafen zu verdienen. Mit dem Buggy Braune Quintett stehen jetzt „Dream Songs“ auf dem Programm: Spannend, weil sich Musical-Schmelz eigentlich von selbst verbietet.

Eins der aktivsten und buntesten Jazzprogramme der Stadt bietet sicher der „Sunset“ Jazz Club im Altonaer Planet Subotnik. Die Musiker des Quartett Gelb Blau werden hier nicht fremdeln, sie sind ja alle Hamburger – soweit man das vom fahrenden Volk überhaupt behaupten kann. Berlin und New York könnten sie genauso als Adressen angeben. Das hört man auch, wenn die vier ohne Klavier sich die Melodien frei zuspielen, Absprachen treffen und Regeln unterlaufen. Mit ähnlichen Kategorien ließe sich mitunter auch die Musik von Ornette Coleman beschreiben.

Hamburg ist nicht Berlin – oder doch? Coole Zwischennutzung vermeintlich abgemeldeter Räumlichkeiten ist das Stichwort. Das „Hafenklang“ im Exil macht Altonas ehemalige Fußgängerzone zum „Heiligen Viertel“: Auf Europatournee kommen die Latin-Ska-Punker Santo Barrio aus Santiago de Chile in die Große Bergstraße, um die erste unheilige Mestizo-Party des Jahres loszutreten. Danach wird man die stets verregnete Einkaufsmeile mit anderen Augen sehen. Versprochen.

TOBIAS RICHTSTEIG Bruce Cockburn, supp.: Angela Desveaux: Do, 1. 2., 20 Uhr, KnustBuggy Braune Quintett feat. Ken Norris: Fr, 2. 2., 21 Uhr, BirdlandQuartett Gelb Blau: Mo, 5. 2., 22 Uhr, Planet Subotnik Santo Barrio: Mi, 7. 2., 22 Uhr, Goldener Salon, Hafenklang-Exil

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen