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„Clement ist koalitionsunfähig“

■ Martin Budich, im Vorstand der Bochumer Grünen, zum Stand der Düsseldorfer Krise

taz: Herr Budich, Sie plädieren mit sechs weiteren Kreisverbänden für das Ende der rot-grünen Koalition. Ihrer Meinung nach weist die Politik der Regierung inzwischen in eine umweltzerstörerische Richtung. Die Ökologen der Initiative „Verkehrswende“ bescheinigen der Koalition dagegen gerade den Einstieg in die Verkehrswende. Wie paßt das zusammen?

Martin Budich: Es ist zweifellos richtig, daß es in dem jetzt zur Abstimmung anstehenden Haushalt auch eine ganze Reihe von positiven Ansätzen in einigen Nischen gibt. Doch die entscheidenden Signale im Verkehrs- und Wirtschaftsbereich werden vom sozialdemokratischen Wirtschaftsminister Clement gesetzt. Der formuliert und praktiziert aber eine Politik, die dem grünen und ökologischen Umbauinteresse diametral zuwider läuft.

Das sehen nicht nur die Leute von der „Verkehrswende“ anders.

Ich bestreite nicht, daß sich auch im Verkehrsbereich Positives findet. So sind zum Beispiel die Mittel für den Straßenbau gekürzt und neue Radwegeprogramme aufgelegt worden. Ich kann aus der Sicht der Initiativen die Angst verstehen, daß die SPD ihnen das nun wieder wegnehmen könnte. Hier geht es aber nicht um die Interessen von Einzelinitiativen, sondern um die große Richtung der Düsseldorfer Politik. Und da müssen wir leider feststellen, daß das, was insbesondere Clement in der Koalition mit den Grünen im Verkehrsbereich macht, schlimmer ist als unter der SPD-Alleinregierung. Den Bau der A44 (DÜBODO), den Clement jetzt in Bochum betreibt, hat die SPD-Regierung ja noch 1992 abgelehnt. Und das steht auch im Koalitionsvertrag.

Die grüne Fraktionsminderheit schlägt der Partei jetzt vor, dem Haushalt zuzustimmen, um „Spielraum für weitere Verhandlungen zu eröffnen“.

Wir sind der Auffassung, daß man jetzt eine klare Entscheidung treffen muß. Clement hat im Landtag in dieser Woche noch einmal unmißverständlich deutlich gemacht, daß er zu keinerlei Kompromissen bereit ist. Wir können uns doch nicht als Mehrheitsbeschaffer für eine inhaltlich schwarz-rote Politik hergeben.

Die Ratsfraktionen aus fünf rot-grün regierten Großstädten sagen genau das Gegenteil. Die Bilanz könne sich aus Sicht der Grünen „sehen lassen“ und biete eine tragfähige Grundlage für Reformpolitik.

Es gibt in Städten, in denen die Grünen und die SPD zusammen aus der Opposition heraus die CDU abgelöst haben, sehr erfolgreiche Modelle der Zusammenarbeit. Auf Landesebene erleben wir aber das genaue Gegenteil. Da verfolgt die SPD unter Führung von Clement einen Betonkurs. Träume und Wünsche helfen da nicht weiter. Wir müssen uns dieser Realität stellen. Clement bricht ständig den Koalitionsvertrag, der ja eindeutig vorsieht, daß zum Beispiel der Ausbau von Flughäfen nicht mit Landesmitteln gefördert werden soll. Jetzt geschieht das Gegenteil. Clement ist einfach koalitionsunfähig. Und damit ist die Sache für uns entschieden. Alles andere sind Hoffnungen, für die die NRW- SPD keine Basis bietet.

Stünden die Grünen nach einem Bruch nicht ohne jede Macht- und Gestaltungsperspektive da?

Ich sehe grundsätzlich die Gefahr, daß die Grünen dazu verkommen, zu sagen, man könne nur Politik über eine Regierungsbeteiligung machen. Wir haben als Oppositionskraft im Zusammenhang mit breiten gesellschaftlichen Bewegungen sehr viel bewirkt. Daß keine neuen Atomkraftwerke mehr gebaut werden, ist ein unmittelbarer Erfolg dieser Oppositionsrolle.

Glauben Sie, daß umstrittene Verkehrsprojekte, die mittels Regierungsbeteiligung nicht zu stoppen sind, sich aus der Opposition heraus besser verhindern lassen?

Ob besser weiß ich nicht, aber ich bin optimistisch, daß wir beispielsweise in Bochum die A44 verhindern werden – egal welche Regierung an der Macht ist. Wir haben das die letzten zwanzig Jahre geschafft. Und wir werden das auch in Zukunft schaffen. Interview: Walter Jakobs

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