: Separatisten verurteilt
■ Kämpfer für unabhängiges Venetien müssen vier bis sechs Jahre einsitzen
Rom (taz) – Zu Freiheitsstrafen zwischen vier Jahren und neun Monaten und sechs Jahren sind in Mestre bei Venedig die acht Separatisten verurteilt worden, die im vergangenen Mai mit einem selbstgebastelten Panzerfahrzeug die Piazza San Marco in Venedig besetzt und sich im dortigen Campanile verschanzt hatten. Die Aktion war nach einigen Stunden von der Polizei beendet und die Täter verhaftet worden.
Die vier jüngeren Mitglieder des selbsternannten Kommados für eine „Serenissima Veneto Repubblica“ wurden nach dem Urteilsspruch in den Hausarrest entlassen – dürfen jedoch keinen Kontakt mit außerhalb haben. Die vier älteren im Alter von 30 bis 54 Jahren bleiben in Haft. Außerdem wurden Geldstrafen von insgesamt 150 Millionen Lire (154.000 Mark) verhängt.
Für ausländische Empfindungen mag das Urteil eher hart erscheinen angesichts der Tatsache, daß die Täter kaum bewaffnet waren und ihren Akt als symbolische Tat „einer nach Unabhängigkeit strebenden Region“ sehen wollten. In Italien aber liegt es an der unteren Bemessungsgrenze: Immerhin hatte der Staatsanwalt wegen „Angriffs auf die Verfassung“ angeklagt. Dazu kam der Vorwurf des illegalen Waffenbesitzes, weil die Kletterer ein Sturmgewehr dabeihatten, der Unterbrechnung öffentlicher Dienstleistungen sowie der Entführung einer Person – sie hatten den Kapitän eines Linienbootes zur Kursänderung und zum Transport ihres Panzers genötigt). Bei „hartem Druchgreifen“ hätte das Gericht Strafen bis zu zwölf Jahren verhängen können. Insofern wird das Urteil denn auch als Angebot des Staates gewertet, die Sache bei der Symbolik zu belassen, und als betonte Absicht, keine Märtyrer für die Abspalterbewegung des Nordens zu schaffen.
Umberto Bossi, Chef der Lega Nord, die seit einem Jahrzehnt in Norditalien die separatistische Idee vorantreibt, sieht das Urteil für die — von ihm im übrigen seinerzeit nicht gebilligte — Aktion allerdings anders: „Die haben Angst vor der Bewegung und getrauen sich nicht einmal mehr, hart durchzugreifen.“ Und das, so Bossi, sollte nun der „offiziellen“ — nämlich seiner — Los-von- Rom-Bewegung weiteren Auftrieb geben. Werner Raith
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