■ Ross verhindert Scheitern des Friedensprozesses: Erfolgreiche Reanimation
Die Ross-Mission als Durchbruch im Nahost-Friedensprozeß zu bezeichnen, wäre verfrüht. Und doch hat der US-Diplomat mit seinen Marathongesprächen erreicht, daß die Tür für eine Fortsetzung der Verhandlungen offen bleibt. Voraussetzung dafür war, daß die israelisch-palästinensische Zusammenarbeit in Fragen der Sicherheit in vollem Umfang wieder aufgenommen wird. Diese Zusammenarbeit wird jetzt von CIA-Mitarbeitern überwacht und kontrolliert. Nach dem Attentat auf dem Mahaneh Jehudah Markt Ende Juli stand die palästinensische Autonomiebehörde unter massivem amerikanischem und israelischem Druck. Sie konnte gar nicht anders, als diese Bedingung zu erfüllen. Die Weigerung hätte das Ende des Prozesses von Oslo bedeutet.
Das Vertrauen zwischen der israelischen Regierung und der palästinensischen Autonomiebehörde bleibt freilich gering. Zwar haben die Palästinenser den ersten Schritt zu Wiederannäherung gemacht. Doch hat Ross den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu nicht dazu bewegen können, ebenfalls einen Schritt auf die Palästinenser zu zu machen. Die Aufhebung der Absperrung einiger Städte im Westjordanland kann nur als Geste betrachtet werden, denn die wirtschaftlichen Sanktionen bleiben in Kraft. Netanjahu hält die 40 Millionen Dollar Steuern weiterhin zurück, die der Autonomiebehörde zustehen. Und Zehntausende palästinensische Arbeiter bleiben ohne jede Einkommensmöglichkeit. Auch steht die Zerstörung von 32 palästinensischen Häusern innerhalb nur einer Woche im Geruch eines Racheaktes.
Aussichtslosigkeit führt zu Radikalisierung. Ross hat recht, wenn er die israelischen Strafmaßnahmen, die nicht sicherheitsbedingt sind, als kontraproduktiv bezeichnet. Sie schwächen Palästinenserpräsident Arafat und das ohnehin nur noch geringe Ansehen des Oslo-Prozesses unter den Palästinensern. Und sie sind Munition für die Agitatoren der radikalen islamischen Gruppen. Noch liegt der Friedensprozeß im Koma. Ross hat lediglich dafür gesorgt, daß die Sauerstoffzufuhr nicht abgedreht wird.
Alle Hoffnungen richten sich jetzt auf den Besuch von US-Außenministerin Albright. Sie wird der israelischen Regierung klar machen müssen, daß der Frieden auch einen politischen Preis hat, namentlich einen Stopp des Siedlungsbaus und ein Ende der Enteignung palästinensischen Bodens. Ob Netanjahu willens und in der Lage ist, diesen Preis zu zahlen, wird nicht nur von Palästinensern angezweifelt. Georg Baltissen
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