: Gefährlich parteiisch
■ Albright stützt Netanjahu und demütigt Arafat
Benjamin Netanjahu wähnt sich im siebten Himmel. Die US-Außenministerin hat seine kühnsten Erwartungen übertroffen. Nicht einmal hinter verschlossenen Türen hat Madeleine Albright nach Angaben von Regierungsmitgliedern dem israelischen Ministerpräsidenten zugesetzt. Und öffentlich hat sie bis in die Diktion hinein Netanjahus Rhetorik imitiert – Arafat müsse die „Infrastruktur des Terrors“ zerstören. Israels Sicherheit heißt das „sine qua non“ des Friedensprozesses, so Albright. Die diplomatisch verklausulierte Kritik an Israels Siedlungspolitik konnte da nur verhallen. Ihre Polemik, daß „Bomben“ und der „Bau von Häusern“ nicht miteinander zu vergleichen seien, ist absurd und ignorant.
Denn es sind Landenteignungen, Häusersprengungen, Vertreibungen, die dem „Bau von Häusern“ vorausgehen. Es ist diese Politik, die den Friedensprozeß blockiert, die Palästinenser in die Verzweiflung treibt und so den politischen Nährboden für die Anschläge von Hamas liefert. Albright prügelt nur noch mehr auf den geschwächten Arafat ein. Sie beschuldigte ihn gestern, Terrorismus nur dann zu bekämpfen, wenn es ihm in den Kram passe. Dabei ist offensichtlich, daß die Anschläge Arafat schaden und Netanjahu den Vorwand liefern, den gesamten Friedensprozeß zu stoppen. Und egal, was Arafat auch unternimmt, es ist in Netanjahus Worten schlicht nie genug. Auch die US-Außenministerin deutete bereits mit dem Finger auf Arafat, noch bevor sie ihn überhaupt angehört hatte. Diese Vorverurteilung ist fatal für den Friedensprozeß.
Es ist nicht Arafat, der sich laut Oslo- Abkommen aus besetzten Gebieten zurückziehen muß, sondern Netanjahu. Indem dieser Rückzüge sabotiert und die Palästinenser wirtschaftlich stranguliert, arbeitet er in die Hände der Hamas. Ohne Frieden kann es nur weniger Sicherheit geben. Die US-Außenministerin forderte Netanjahu öffentlich nicht einmal auf, die einbehaltenen Steuergelder für die Autonomiebehörde freizugeben. Albright hat sich einen Durchbruch im Friedensprozeß erst gar nicht zum Ziel gesetzt. Arafat nahm die Demütigung hin, mit einem Lächeln der Verzweiflung. Netanjahu hat den Propagandakrieg gewonnen. Arafat steht mit leeren Händen da. Und statt neuer Verhandlungen wird es neues Blutvergießen geben. Georg Baltissen
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