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USA räumen Schuld des Piloten an Seilbahnunglück ein

■ Eine Wette könnte ein Motiv für den Tiefflug bei Trient gewesen sein. US-Behörden sprechen von Diziplinarstrafe. Hinterbliebene bestehen auf Verfahren vor italienischem Gericht

Rom (taz) – Schwere Verfehlungen des Piloten und seiner Besatzung waren die Ursache der Kollision eines US-Militärjets mit dem Gondelbahnseil auf den italienischen Cermis bei Trient. Bei dem Unfall am 3. Februar 1998 waren alle 20 Passagiere der Seilbahn ums Leben gekommen. Zu diesem von italienischen wie amerikanischen Medien bereits vor mehreren Wochen vorweggenommenen Ergebnis kommt nun offiziell auch die von der US Air Force eingesetzte Sonderkommission.

„Es gibt kein Wenn und Aber“, so ein Sprecher der US-Airbase von Aviano, von der aus das Unglücksflugzeug vom Typ „Prowler“ mit vier Personen an Bord gestartet war. „Die Piloten haben nicht nur Fehler begangen, sondern sogar vorsätzlich vorgegebene Regeln verletzt.“

So sei das Höhenwarngerät – das eingreift, sobald das Flugzeug sich der Mindesthöhe nähert – nicht wie vorgeschrieben auf 1.000 Fuß, sondern lediglich auf 500 Fuß fixiert gewesen. Mithin auf 160 Meter und noch darunter war der Pilot gegangen, denn die zerrissenen Seile befanden sich in einer Höhe von knapp 100 Metern. Ebenso sei die Geschwindigkeit des Flugzeuges viel zu hoch gewesen. Auch die überflogenen Gegenden waren für derlei Übungen – selbst wenn sie in größerer Höhe ausgeführt worden wären – überhaupt nicht zugelassen.

Die italienischen Behörden werden den Fall jedoch laut NATO-Truppenstatut nicht selbst vor Gericht bringen, sondern sie müssen ihre amerikanischen Kollegen vorlassen. Ihrer Ansicht nach hatte die Flugzeugbesatzung den Tiefflug entweder als eine Art Mutprobe durchgeführt oder sogar Wetten mit dem Bodenpersonal abgeschlossen, daß man es schaffen werde, noch unter den Seilbahndrähten hindurchzufliegen.

Trotz dieser schauerlichen Erkenntnisse ist noch immer unklar, mit welchen Sanktionen der Pilot und die anderen Besatzungsmitglieder sowie möglicherweise weitere Wettkumpane in der Air Base zu rechnen haben. Bisher sprechen die US-Behörden lediglich von nicht näher benannten „disziplinarischen Strafen“, nicht aber von einem Militärgericht, das die Schuldigen aburteilen soll.

Italiens Verteidigungsministerium und die regionalen Behörden in der Region Trient fordern daher, daß in diesem Fall eine Ausnahme vom NATO-Stationierungstatus gemacht wird und die Piloten vor ein italienisches Gericht kommen.

„Wir werden nicht zulassen,“ so ein Sprecher der Hinterbliebenen, „daß die amerikanischen Gerichte das Ganze wie den Unfall eines Militärlasters behandeln.“ Aus den USA kommt gegenüber dieser Forderung aber, bisher zumindest, nur ein trockenes Nein. Werner Raith

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