Das Portrait: Teherans Saubermann
■ Gholam Hossein Karbaschi
Am liebsten kleidet er sich in westliche Maßanzüge, doch elf Tage lang mußte Gholam Hossein Karbaschi eine Art grauen Pyjama und Plastikschuhe tragen – die Anstaltskleidung des berüchtigten Teheraner Evin-Gefängnisses. Schmutzige Geschäfte wirft ihm Justizchef Mohammad Jasdi vor, dabei ist der Oberbürgermeister von Teheran ein echter Saubermann. Seit er Oberhaupt der zwischen zehn und 15 Millionen EinwohnerInnen zählenden Metropole ist, verschwindet der Dreck aus der Stadt. Der Verkehr wurde durch den Bau von Umgehungstraßen und Fußgängerübergänge entwirrt, der schneebedeckte Gipfel des Elbrus-Berges verschwindet nur noch selten zur Gänze im Smog.
Karbaschi gilt als Gegner des religiösen Puritanismus. Seine Tageszeitung Hamschahri (Mitbürger) schaffte es mit ebenso bunten Bildern wie Geschichten zur auflagenstärksten Zeitung Irans. Der Ableger Aftebekar (Sonnenschirm) richtet sich ebenso erfolgreich an die Kinder des Landes. Im armen Süden Teherans ließ der Bürgermeister einen Schlachthof zum Kulturzentrum umbauen, an dessen Außenwand prangt ein riesiges Abbild Charlie Chaplins.
Dabei begann die Laufbahn Karbaschis ausgesprochen orthodox. 1953 im den Schiiten heiligen Qom geboren, studierte er Theologie und schaffte es bis zum Hodschatolislam, einen Rang unter dem des Ajatollah. Dann wechselte er zur Mathematik. Seine Verehrung für Ajatollah Chomeini brachte ihn zu Zeiten des Schahs ins Gefängnis. Nach dem Sturz des Monarchen machte ihn der Revolutionsführer zu seinem Vertreter bei der Gendarmerie und dann zum Fernsehchef. Erste Erfahrung in Sachen Stadtverwaltung machte er ab 1981 als Bürgermeister von Isfahan. 1989 holte ihn der damalige Präsident Ali Akbar Haschemi Rafsandschani nach Teheran. Bei dessen technokratischen „Dienern des Aufbaus“ entwickelte Karbaschi Qualitäten eines Politprofis. Und als sich Rafsandschanis Amtszeit zum Ende neigte, hieß es, der Bürgermeister werde den Präsidenten beerben. Doch statt dessen organisierte Karbaschi den Wahlkampf des Außenseiters Mohammad Chatami. Mit dessen überraschenden Erfolg im vergangenen Mai begannen die Vorwürfe gegen den Bürgermeister. Thomas Dreger
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