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Wenn goldne Tore fallen

Drama, Liebe, Leidenschaft, eine sehr romantische Angelegenheit: Der Berliner Maler und Bildhauer Gerd Rohling hat sich dem Thema Fußball verschrieben  ■ Von Ulrich Clewing

Das Landschaftsbild ist ein altes, ehrwürdiges Motiv, für das in der Kunstgeschichte bis in die Gegenwart hinein zahlreiche bedeutende Beispiele existieren. Etwas seltener findet man Landschaftsskulpturen, aber immerhin: auch sie gibt es.

Eine steht derzeit in der Galerie Borgemeister in den Hackeschen Höfen und stammt von dem 52jährigen Berliner Maler und Bildhauer Gerd Rohling: Sie ist zwei Meter lang, einen Meter breit und etwa vierzig Zentimeter hoch, ihre Farbvaleurs changieren zwischen schmutzigem Grün und einem ebensolchen Gelb, außerdem hat der Künstler darauf einige weiße Linien gezeichnet, die nur auf den ersten Blick rätselhaft erscheinen. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus: Es ist ein Fußballplatz.

Akteure, deren Namen jedes Kind kennt, magische Kulissen, große Gefühle – und am Ende zählt doch nur das Ergebnis: So ist Sport. In seiner aktuellen Ausstellung, Titel: Arena, widmet sich Gerd Rohling ausschließlich der Balltreterei. Er tut das mit der gebotenen Seriosität, will heißen so ernsthaft, wie das einem wie ihm mit Hang zum skurrilen Witz nur möglich ist.

Bekannt geworden ist Rohling, Gründer der legendären Selbsthilfegalerie „1/61“, im Zusammenhang mit den Jungen Wilden. Doch trennten ihn und die KünstlerInnen der Ende der siebziger Jahre aufkommenden heftigen Figuration von Anbeginn an Welten. Während die anderen, wohl nicht zuletzt aus Gründen der Kunstmarkt-Kompatibilität, immer größere Leinwände füllten, bemalte der 1946 in Krefeld geborene Rohling billige Pappkartons.

Später verwandelte er Benzinkanister mit ein paar Strichen in eigentümlich archaisch wirkende Dämonengesichter, bastelte aus Schrotteilen phantastisch anmutende Stadtansichten oder inszenierte in seinem Hinterhof aus reinem Spaß an der Freud ein Stelldichein unzähliger, absurd unfunktionaler Miniaturautos.

Irgendwann zu jener Zeit fiel Rohling auch eine Waschschüssel aus Plastik in die Hände, er strichelte ein wenig mit dem Filzstift daran rum und fotografierte das Ganze dann von oben – fertig war die Illusion eines vollbesetzten Sportstadions.

Die Arbeit aus dem Jahr 1984 ist die älteste, die momentan bei Borgemeister zu sehen ist. Der Rest ist in den Neunzigern entstanden: das streng konstruierte Streifengemälde in Rot und Schwarz, den Vereinsfarben des großartigen AC Milan, die Skulptur, die aus zwei überdimensionalen Ziffern besteht, aber eigentlich nicht weniger als ein potentielles Drama umschreibt. 2:1, da mögen nur Zentimeter zwischen Triumph und existentiellem Scheitern gelegen haben.

Und als Marco van Basten einst ein „goldenes Tor“ für Mailand glückte, feierte ihn Rohling mit eben einem kleinen stilisierten Tor, selbstverständlich mit Blattgold beschlagen, das jetzt im Verbund mit der dazugehörigen Titelseite der rosa Gazetta dello Sport ein kongeniales künstlerisches Ensemble bildet.

Rohlings Materialassemblagen machen einen schmunzeln, geben den BetrachterInnen aber nie das Gefühl, über simple Kalauer zu lachen. Mit viel Liebe zum Detail spielt er sein Generalthema durch, präsentiert ins Groteske gewendete Reminiszenzen der Hochkultur, etwa wenn er eine auf den Kopf gestellte Fahrradgabel auf den Sockel hebt, dazwischen einen orangen Gummiball zwängt und – Picassos Stierkopf eingedenk – „Haltung“ nennt. Fußball mag für manchen Fan die schönste Nebensache der Welt sein, für Rohling ist dieser Sport mehr: eine Affäre und damit letztlich sehr romantische Angelegenheit.

Bis 2. Mai, Hackesche Höfe, Hof IV, Di.–Fr. 14–18 Uhr, Sa. 12–18 Uhr

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