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Dufte Stimmung

Vor dem heutigen WM-Viertelfinale gegen Spanien redet sich die deutsche Handballmannschaft in Klinsmann-Laune. Nur Bundestrainer Heiner Brand hat noch ein paar klitzekleine Bedenken

AUS KÖLN ANDREAS RÜTTENAUER

Die Vorfreude war den Spielern und auch Heiner Brand nicht unbedingt anzusehen am Tag vor dem WM-Viertelfinale in Köln (17.30 Uhr/ARD) gegen die Weltmeister aus Spanien. Es herrschte eine konzentrierte Atmosphäre in der Sportschule Kaiserau, bevor die deutschen Handballer und ihr Trainer in Richtung Rheinland abgereist sind. Mit ernsten Mienen sprachen sie über den Spaß, den sie bei dieser Weltmeisterschaft haben. Sie gaben sich Mühe, gelassen zu wirken, und doch war die Anspannung zu spüren vor der ersten Begegnung in der K.-o.-Runde.

„Natürlich kann ich schlecht schlafen“, gab Heiner Brand zu, grinste kurz und fügte an: „Wenn ich allerdings gut schlafen könnte, dann müsste ich darüber nachdenken, ob ich nicht etwas falsch mache.“

Schnell ist er wieder ernst. Er hat Sorgen, der Bundestrainer. Wieder einmal ist es eine Verletzung, die ihm das Handeln diktiert. Markus Baur, der von Brand so geschätzte Kopf des deutschen Spiels, droht wegen der Zerrung, die er sich im Spiel gegen Frankreich zugezogen hat, auszufallen. Und Michael Kraus, der ihn bisher so gut vertreten hat, ist in den Augen Brands insgesamt noch nicht stabil genug. Baur, der meinte, er habe bei normalen Bewegungen, auch beim Joggen, keinerlei Probleme mehr, ist ein zwar ruhiger, aber dennoch bestimmter Regisseur. Kraus hingegen, der 23-Jährige von Frisch Auf! Göppingen, tue sich, so Brand, noch schwer beim Dirigieren der Mitspieler – so wie diese sich noch nicht daran gewöhnt hätten, dass Kraus nun der Ideengeber sein soll.

Der Ersatzspielmacher selbst kann es immer noch nicht so recht fassen, dass er es war, der das Team zum unerwarteten Sieg über Frankreich geführt hat. Auf das Spiel gegen Spanien, sagte er, sei er „richtig heiß“. Er hat schon einmal ein Viertelfinale gegen die Iberer erlebt – als Fernsehzuschauer zu Hause auf dem Sofa. Es war jenes Spiel bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen, das die Deutschen im Siebenmeterwerfen für sich entschieden. „Ich bin damals völlig ausgeflippt“, erinnert sich Kraus. „Sensationell“, sei es, dass er jetzt ein so großes Spiel auf dem Parkett mitgestalten dürfe.

Sensationell – das ist derzeit die wohl am meisten strapazierte Vokabel im Umfeld der deutschen Nationalmannschaft. Sie wird spätestens dann gebraucht, wenn vom Publikum in den Hallen die Rede ist. „Die Fans machen schon etwas aus“, sagte Heiner Brand und wurde ganz konkret: „Ein bis zwei Tore werden mit Unterstützung des Publikums allein über den Willen erzielt.“ Das ist die nüchterne Beschreibung eines Phänomens, das so manchen Spieler in einen wahren Rausch versetzt. Johannes Bitter, der zweite Torhüter, sagte etwa: „Ich kriege von der Zeit gar nichts mehr mit. Das fängt ganz groß an und irgendwann hört es plötzlich auf.“ Auch der 37-jährige Christian Schwarzer ist beeindruckt: „So etwas habe ich ja auch noch nicht erlebt“, sagte er: „Wir müssen dem Publikum vermitteln, dass wir Spaß haben.“ Schwarzer wirkte sehr ernst, als er das sagte. Und er schob nach: „Das geht sicherlich nicht so schnell, bis wir das verarbeitet haben.“

Heiner Brands Alltag während der Weltmeisterschaft lässt wenig Zeit für die Verarbeitung des Vergangenen. Er steht jeden Tag um 6.40 Uhr auf, um sich die ersten Videos des nächsten Gegners noch vor dem Frühstück anzusehen. Zum Abschalten am Abend helfe, so sagt er, ein Bier im Kreise des Betreuerteams und ein wenig Sport im Fernsehen. Natürlich kein Handball. Eher Biathlon.

Material zum Abschalten gibt es demnächst zur Genüge. Am Freitag beginnt die Weltmeisterschaft der Skijäger in Antholz – zwei Tage vor dem Finale der Handball-Weltmeisterschaft, in das Heiner Brand seine Mannschaft führen will.

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