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Erhörte Gebete

Die gemobbte Inderin Shilpa Shetty hat das englische „Big Brother“ gewonnen. Ist jetzt alles wieder gut?

Wenn es so was wie „moderne Märchen“ gibt, dann lesen sie sich so: Die in der britischen „Big Brother“-Show auf rassistische Weise beschimpfte Bollywood-Schauspielerin Shilpa Shetty (31) ist zur Siegerin der Sendung gekürt worden.

Über die Quoten werden sich die „Big Brother“-Macher von Channel 4 nicht beklagen können, schließlich erwies sich deren bewährtes Konzept des kalkulierten Krawalls als goldrichtige Maßnahme. Denn kaum war Shetty mit einer auch für die indische Schauspiel-Boheme stolzen Gage von 500.000 Euro zum Einzug in den Container bewegt worden, reagierte der alteinsitzende „white trash“ genauso rüpelhaft, wie man es von ihm erwartet hatte. Die Inderin musste sich während der 26 Tage unter anderem als „Hündin“ bezeichnen lassen.

Im Zentrum der Vorwürfe stand die TV-Schauspielerin Jade Goody, die dafür schon zuvor aus der Sendung gewählt wurde – nachdem es 21.000 Beschwerden gegen die rassistischen Äußerungen gegeben hatte. Die tränenreiche Versuchsanordnung hatte erwartungsgemäß in England eine Debatte über Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ausgelöst, die es über verbliebene Reizleitungen des früheren Imperiums bis nach Indien schaffte.

Eine künstliche Aufregung aber bleibt es trotzdem – alle dieser Shows von „DSDS“ bis „Big Brother“ spielen mit angeblich unbeabsichtigten Tabubrüchen, die dann entsprechend gravitätisch kommentiert werden müssen. Nun, mit Shettys Sieg, haben scheinbar alle gewonnen, von den lieben Labour-Politikern über die ehrbaren Inder bis zum cleveren Channel 4.

Nur nicht die Feministin Germaine Greer, die sich in einem Kommentar auf dem Gipfel der Aufregung erlaubt hatte, ganz unaufgeregt auf eine ebenso simple wie verdächtige Tatsache hinzuweisen: Shilpa Shetty, Leute, ist eine Schauspielerin. FRA

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