: Handlanger von Entführern verurteilt
Landgericht verurteilt Helfer von Kidnappern zu mehr als drei Jahren Haft. Er war an Entführung eines Schülers beteiligt
Der Angeklagte Waldemar P. lässt sich von seinen Anwälten als „kleines Licht“ bei der Entführung des 20-jährigen Vadim F. darstellen. Er hat Glück: Das Landgericht folgte dieser Meinung und verurteilte den 41-Jährigen nach dreistündiger Verhandlung wegen Beihilfe zum erpresserischen Menschenhandel zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten.
Es war am 17. August 2006, als Vadim F. spät in der Nacht von einem Kinobesuch zurückkehrte und mit seinem Auto in die Tiefgarage seines Wohnhauses an der Hermannstraße fuhr. Ein Mann öffnete die Beifahrertür und bedrohte den jungen Mann mit einer Waffe. Er verband dem Jungen die Augen, dann fuhren die beiden Täter ihn über Umwege in die Sonnenallee, wo sie den Entführten in eine Hinterhofwohnung brachten.
Einen Tag später wurde seine in St. Petersburg wohnende Mutter, eine Psychologie-Professorin, telefonisch aufgefordert, 1 Million Euro Lösegeld zu zahlen. Die Mutter wandte sich an die Polizei, Ende August übergab sie 670.000 Euro in Pausin im Berliner Umland. Einen Tag später wurde der Abiturient unverletzt freigelassen. Bis heute leiden er und seine Mutter unter Verfolgungsangst, so deren Rechtsanwältin vor Gericht. Wieso ausgerechnet diese Familie zur Zielscheibe einer Entführung wurden, darüber kann sie nur spekulieren: Möglicherweise wussten die Täter, dass die Mutter als Antistress-Trainerin auch russische Politiker berät.
Der gestern angeklagte Waldemar P. ist als Menschenschleuser und Autodieb vorbestraft. Im Entführungsfall räumt er ein, er habe die Täter zur Lösegeldübergabe nach Pausin gefahren und dafür 200 Euro Lohn bekommen – eben das, was ihm die Polizei nachweisen konnte.
Mindestens fünf Täter sollen an der Entführung beteiligt gewesen sein: Ein Pole ist bereits verhaftet, ein russischer Haupttäter soll von Moskau nach Berlin ausgeliefert werden. Zwei Männer sind noch flüchtig. Der Prozess gegen P. wurde separat verhandelt, weil das Gericht aufgrund seines Geständnisses ein schnelles Urteil erwartete.
Uta Falck
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