: Betr.: kinotaz nord
A
Abbitte Großbritannien 2007, R: Joe Wright, D: Keira Knightley, James McAvoy
„England 1935: Die 13-jährige, phantasiebegabte Briony beobachtet in ihrem wohlhabenden Elternhaus Liebesszenen zwischen ihrer Schwester Cecilia und dem Sohn der Haushälterin, Robbie, die sie nicht versteht. Unterstützt von naiven schriftstellerischen Ambitionen, zieht sie aus ihren Beobachtungen die falschen Schlüsse – mit fatalen Folgen. So verändern die Ereignisse eines Sommertages die Leben aller Beteiligten für immer. Der britische Regisseur Joe Wright hat bei der Verfilmung des Erfolgsromans von Ian McEwan viel Gespür für die komplexe Struktur der Geschichte und für Schauspielerführung bewiesen. Knightley hat endlich das pubertär-trotzige Chargieren früherer Rollen abgelegt. Der Drehbuchautor Christopher Hampton hat McEwans weit ausgreifende Prosa klug verdichtet und meistert die Zeitsprünge der Erzählung und ihre wechselnden Perspektiven mit Bravour. So wurde aus dem meisterhaften Roman einer der bewegendsten Liebesfilme der letzten Jahre.“ (Neue Zürcher Zeitung) HB, KL
Alberto Giacometti – Die Augen am Horizont Schweiz 2001, R: Heinz Bütler
Porträt des in Graubünden geborenen Schweizer Bildhauers, Malers und Zeichners Alberto Giacometti 1901-66, der durch seine in die Länge gezogenen Skulpturen weltberühmt wurde. Der einfühlsame Film, in dem viele Weggefährten des Künstlers zu Wort kommen, zeichnet das Bild eines empfindsamen, von Humor und Enthusiasmus beseelten Menschen, der ein gnadenloser Kritiker der eigenen Arbeiten war. Der angenehm unvollständige, in der Schwebe gehaltene Film bietet keine abschließenden Erklärungen, sondern überzeugt als Liebeserklärung an den Künstler.“ (Lexikon des internationalen Films) HB
Aliens vs. Predator 2 USA 2007, R: Colin Strause, Greg Strause, D: Reiko Aylesworth, Steven Pasquale
„Sequel zu ‚Alien vs. Predator‘ aus dem Jahr 2004 von Paul W.S. Anderson (‚Resident Evil‘). Diesmal übernahmen die Brüder Colin und Greg Strause die Regie, die bislang Effekte (für ‚X-Men 3‘) produzierten und Musikvideos (für ‚Nickelback‘) drehten.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Alvin und die Chipmunks USA 2007, R: Tim Hill, D: Jason Lee, David Cross
„Trick- und Realfilm um drei Streifenhörnchen (Chipmunks), die durch eine Cartoon-Serie in den 80ern bekannt – und in den USA Kult – wurden. Viel Lärm um Tiere, die es hier gar nicht gibt. So lala.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, KI, OL
American Gangster USA 2007, R: Ridley Scott, D: Denzel Washington, Russell Crowe
„‚American Gangster‘ ist eine Paraderolle für Denzel Washington: Er spielt mit der kühlen Grandezza eines Gentleman-Mafioso den ersten Schwarzen, dem es in den siebziger Jahren gelingt, in New York ein kriminelles Familienimperium nach italienischer Art aufzuziehen. Indem er auf der Höhe des Vietnam-Kriegs Heroin mit Air-Force-Transportern aus Thailand importiert, wird er zum King der Junkie-Szene. In der Kinoversion dieser Karriere, mit professioneller Bravour von Altmeister Ridley Scott inszeniert, wird dem authentischen Gangster ein fiktiver Cop auf die Pelle gehetzt, ein unkorrumpierbarer Underdog, für den Russell Crowe genau das richtige Knautschgesicht bietet. Star gegen Star: Das Spiel der Gegensätze, die sich anziehen, wirkt abgekartet und erinnert an legendäre Kinovorbilder, doch der Film ist in den USA bereits ein Mega-Blockbuster.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL
An ihrer Seite Kanada 2006, R: Sarah Polley, D: Julie Christie, Gordon Pinsent
„Das Ende ihrer Liebe kommt leise und schleichend: Fiona (Julie Christie) leidet an Alzheimer. Trotz der Proteste ihres Mannes Grant (Gordon Pinsent) zieht sie in ein Pflegeheim. Dort muss Grant sie 30 Tage lang allein lassen – am Ende dieser Zeit erkennt Fiona ihren Mann nicht mehr. Mit ihrem Regiedebüt inszenierte die wunderbare Sarah Polley (‚Mein Leben ohne mich‘) trotz ihrer erst 28 Jahre ein reifes, anrührendes Porträt einer Ehe, die von großen Gefühlen und Harmonie, aber auch von Schmerz geprägt ist. Und wenn Grant schließlich sein eigenes Glück für das seiner großen Liebe Fiona opfert, zerreißt es einem schier das Herz.“ (Cinema) HB, HH
Auf der anderen Seite Deutschland 2007, R: Fatih Akin, D: Baki Davrak, Tuncel Kurtiz
„‚Liebe, Tod und Teufel‘ nennt Akin seine Trilogie, die er mit dem exzessiven Amour-fou-Melo ‚Gegen die Wand‘ (2003) begann und nun mit einem Sechs-Personen-Rondo fortsetzt, das verblüffend anders temperiert ist, das ruhig fließt, balladesk erzählt und philosophisch in die Tiefe geht. Sechs Schicksale kreuzen einander auf der Achse Bremen/Hamburg-Istanbul, verwandeln sich in der Begegnung mit dem Tod.“ (tip) HB, HH
Ausgerechnet Bulgarien Bulgarien 2007, R: Christo Bakalski
„Als Kind flüchtet Angelika Schrobsdorff, Deutschjüdin und spätere Schriftstellerin, mit ihrer Familie vor den Nazis nach Bulgarien. Im kommunistischen Sofia werden sie als Faschisten verhöhnt. Für seine Doku besuchte Regisseur Christo Bakalski die heute 80-jährige Schriftstellerin in Berlin sowie deren Familienmitglieder in Bulgarien. Die Gespräche kreisen um Identitätsbehauptungen in der Fremde, Familientreue und den Heimatbegriff, bleiben aber zu distanziert, um das Leid greifbar zu machen. Ein oberflächliches Porträt.“ (tip) H
B
Basic Instinct USA 1992 R: Paul Verhoeven, D: Michael Douglas, Sharon Stone / Originalfassung ohne Untertitel
„In San Francisco gerät der glücklose, weil mehrmals in lusche Geschichten verwickelte Detektiv Curran in eine grausliche Mordaffäre: Eine Frau bringt beim Liebesakt ihre Männer um. Die Spur führt zu einer sehr freizügigen Buchautorin, aber auch zu einer undurchsichtigen Polizeipsychologin. Es geht in diesem in Hitchcockscher Manier nach dem Suspensemuster gestrickten Film weniger um plausibles Erzählen als vielmehr um die genau kalkulierte Fesselung des Publikums durch raffiniert gestaltete Sex- und Gewaltszenen und ein von ‚Total Recall‘-Regisseur Paul Verhoeven routiniert eingebrachtes Handlungstempo.“ (Zoom) HH
Bee Movie – Das Honigkomplott USA 2007, R: Steve Hickner, Simon J. Smith
„‚Bee Movie‘ surrt über die von ‚Antz‘ und ‚Das große Krabbeln‘ abgestaubten Animationswiesen und zeigt mit seinen etwas sterilen Bildern technisch keinesfalls den State-of-the-Art. Jerry Seinfeld liefert durchweg nettes Rundumfamilienentertainment mit einer zunehmend absurden Geschichte um eine nonkonformistische, sprechende Biene, die sich in eine Menschenfrau verliebt und später die Menschheit wegen Honigdiebstahls verklagt.“ (tip) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Berlin am Meer Deutschland 2007, R: Wolfgang Eißler, D: Robert Stadlober, Anna Brüggemann
„Episoden aus dem Studentenleben einer Berliner Wohngemeinschaft Mitte der 1990er-Jahre. Im Mittelpunkt stehen zwei Freunde, die Musiker werden wollen, aber von unterschiedlichen Karrieren träumen. Während sich dem einen alle Türen öffnen, scheint der andere auf der Stelle zu treten. Richtig kompliziert wird es, als eine Politikstudentin für drei Wochen einzieht. Debütfilm mit hübschen Einfällen und schönen Bildideen, der sich an vielen Facetten eines postpubertären Coming of Age abarbeitet. Zwar nimmt er es mit historischen und anderen Bezügen nicht so genau, überzeugt aber durch die hervorragenden Darstellerleistungen.“ (filmdienst) H, HB, HH, KI, OL
Blindsight Großbritannien 2006, R: Lucy Walker
„Mit atemberaubenden Naturaufnahmen zeigt dieser Dokumentarfilm, wie sechs blinde Teenagern aus Lhasa einen Nebengipfel an der Nordseite des Mount Everest besteigen. ‚Blindsight‘ beleuchtet kritisch die religiös bedingte Stigmatisierung von Blinden in Tibet, erkundet das soziale Umfeld der Schüler und plädiert für Solidarität. Nebenbei porträtiert er die blinde Deutsche Sabriye Tenberken, Gründerin der ersten Blindenschule in Tibet, sowie mit Erik Weihenmeyer den ersten Blinden, der den Mount Everest bestieg.“ (tip) HB, HH, KI
C
Chinatown USA 1974, R: Roman Polanski, D: Jack Nicholson, Faye Dunaway
„Die auf mehreren Ebenen entwickelte Darstellung einer kalifornischen Korruptionsaffäre bei der Planung eines großen Staudammes, deren gesellschaftliche und private Dimensionen durch die Nachforschungen eines Privatdetektivs ans Tageslicht kommen. An Raymond Chandlers Kriminalromanen orientiert, in Stil und realitätsbezogener Darstellung jedoch weit darüber hinausgehende Auseinandersetzung mit der amerikanischen Wirklichkeit nicht nur der 30er Jahre. Zugleich ein Einblick in die psychologische Befindlichkeit einer durch und durch maroden Gesellschaft.“ (Lexikon des internationalen films) HH
Comrades in Dreams Deutschland 2006, R: Uli Gaulke
„Porträt von passionierten Kinobetreibern in Indien, Nordkorea, Burkina Faso und den USA. Der Dokumentarfilm vermittelt nicht nur spezifische Eindrücke aus den gänzlich verschiedenen Ländern, sondern ist auch ganz nah bei den vier Protagonisten mit ihrer Leidenschaft fürs Kino jenseits kultureller Gegensätze.“ (tip) HH
Control USA 2007, R: Anton Corbijn, D: Sam Riley Alexandra Maria Lara
„Biografie von Ian Curtis, des Sängers der Post-Punk-Band Joy Division, der 1980 mit seinem Leben nicht mehr fertig wurde und Selbstmord beging. Ein ‚Rockstar-Biopic‘ wollte Starfotograf Anton Corbijn nicht machen. Sein Kinodebüt über die letzten Jahre von Joy-Division-Sänger und Wave-Ikone Ian Curtis ist zwar dennoch eins; doch hält sich der Film fern von Glorifizierungen. Stattdessen zeigt er einen durchschnittlichen Smalltown-Boy mit überdurchschnittlicher Gabe - und tragischem Werdegang. Den Szenen im häuslichen Wohnzimmer gehört ebenso viel Zeit wie den fiebrigen Auftritten Joy Divisions. Hochästhetisch ist das Schwarz-Weiß-Grau der Bilder. Dennoch wirken sie sehr lebendig, nicht zuletzt dank Sam Riley als Curtis.“ (tip) H, HB, HH, KI
D
Darjeeling Limited USA 2007, R: Wes Anderson, D: Owen Wilson, Jason Schwartzman
„Mit seinen Brüdern Peter und Jack hat Francis seit einem Jahr keine Silbe gewechselt. Nach dem Ableben ihres Vaters plant er, auf einer Zugreise durch Indien die Familienbande zu stärken und sich spirituell erleuchten zu lassen. Dabei erlebt das Trio äußerst irdische Komplikationen mit exotischen Hustensäften, Pfefferspray und einer entfleuchten Giftschlange. Kauzig, komisch und klug – mit diesem schrullig-skurrilen Roadtrip präsentiert sich Wes Anderson („Rushmore“) in Bestform. Einmal mehr erzählt er die tragikomische Geschichte einer dysfunktionalen Familie. Eine bittersüße, manchmal unvermutet brutale, bisweilen brüllkomische Tour de Force, die im Gegensatz zu ihrem Vorgänger ‚Die Tiefseetaucher‘ von Abfahrt bis Ankunft unterhaltsam ist.“ (Cinema) H, HB, HH, HL, OL
Dialog mit meinem Gärtner Frankreich 2007, R: Jean Becker, D: Daniel Auteuil, Jean-Pierre Darroussin
„Zwei ehemalige Schulkameraden kommen wieder zusammen, weil der eine, ein Künstler und Maler, nach dem Tod der Mutter in sein Elternhaus im Süden zurückkehrt und dort den verwilderten Garten bestellen will und weil der andere, ein pensionierter Eisenbahner, sich für die Stelle als Gärtner bewirbt. Gemeinsamkeiten haben die beiden Männer Mitte fünfzig keine, aber sie nehmen sich die Zeit, einander besser kennenzulernen. So kommt es, dass der Gärtner bei aller Bodenständigkeit seine wahren Qualitäten als Philosoph entfalten kann. Man erlebt zwei Welten, die sich befruchten und ergänzen, wobei sich auch die durchaus fühlbaren Klassengegensätze abschleifen. Der ‚Dialog‘ ist Geschichte einer sich behutsam anbahnenden Freundschaft, eine echte Liebesgeschichte zwischen Männern, die ihresgleichen sucht.“ (Neue Zürcher Zeitung) H, HB, HH, OI
E
East is east England 1999, R: Damien O‘Donnell, D: Om Puri, Linda Basset / Originalfassung mit Untertiteln
„Und wieder eine von diesen grandios cleveren Polit-Komödien, wie sie nur die Briten basteln können. Erzählt wird die Geschichte einer pakistanisch-britischen Familie, die im Manchester der 70er Jahre lebt.“ (Bremer) HB
Die Ehe der Maria Braun Deutschland 1978, R: Rainer Werner Fassbinder, D:Hanna Schygulla, Klaus Löwitsch
„Die Geschichte einer ebenso schönen wie ehrgeizigen Frau, die in den ersten Nachkriegsjahren mit Skrupellosigkeit und Gefühlskälte den soziale Aufstieg schafft, ihre Träume von Liebe und Ehe aber nicht verwirklichen kann. Der schauspielerisch hervorragende Film verknüpft das Einzelschicksal mit der frühen Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Entwicklung zur egostischen, mitleidslosen Gesellschaft – gesehen mit den Augen (und Gefühlen) Fassbinders.“ (Lexikon des internaionalen Films) HH
1 Mord für 2 USA 2007, R: Kenneth Branagh, D: Sir Michael Caine, Jude Law
„‚1 Mord für 2‘ schildert das Duell zweier Männer, die derselben Frau verfallen sind. In seiner mit Überwachungskameras und technischen Sperenzchen ausstaffierten Luxusvilla empfängt der reiche, alte Erfolgsschriftsteller (Michael Caine) den smarten jungen Kerl (Jude Law), der mit seiner Gattin durchgebrannt ist. Angeblich geht‘s um eine friedliche Aussprache, in Wahrheit beginnt ein mörderisches Katz-und-Maus-Spiel. Der Regisseur Kenneth Branagh präsentiert das Remake eines Stoffs, der 1972 von Joseph L. Mankiewicz mit Laurence Olivier und Michael Caine (damals in der Rolle des Lover-Bürschchens) verfilmt wurde und in Deutschland unter dem Titel ‚Mord mit kleinen Fehlern‘ lief. Schlaumeierische Kritiker maulen nun, das Original sei eleganter, doch davon sollte man sich Branaghs Schauspielerfest nicht verderben lassen. Für Tempo sorgen sprühender, von Harold Pinter gelieferter Dialogwitz sowie allerlei halsbrecherische Turnkunststücke – während Jude Laws ebenso cooles wie herrlich dämliches Überlegenheitsgrinsen dem Zuschauer immer wieder signalisiert, dass gleich sein Gegenspieler wieder Oberwasser kriegt.“ (Der Spiegel) H, HB, HH, HL, KI, OL
Elizabeth – Das goldene Königreich Großbritannien/Frankreich 2007, R: Shekhar Kapur, D: Cate Blanchett, Geoffrey Rush
Kapur hat fast zehn Jahre nach seinem ersten Elisabeth-Film wieder britische Historie in Pop verwandelt. Die verschiedenen Verschwörungen jener Zeit gegen Elisabeth, die Gründung der Kolonie Virginia in der neuen Welt durch Sir Walter Raleigh, der Konflikt um Maria Stuart, der schließlich zu deren Hinrichtung führte und der Versuch einer Invasion durch die Spanier, der mit der vernichtenden Niederlage der Armada endete: All diese historischen Vorkommnisse bilden hier den Anlass für ein grandioses Unterhaltungskino. Wenn etwas besser in Szene gesetzt werden kann, gehen dabei die geschichtlichen Fakten schnell über Bord. So plündert der Regisseur ungeniert die verschiedenen Genres und inszeniert ein amouröses Stelldichein bei Kerzenlicht genauso bildgewaltig wie den Angriff der britischen Kriegsschiffe auf die Armada. (hip) H, HB, HH, HL, KI, OL
Eraserhead USA 1977, R: David Lynch, D: John Nance, Charlotte Stewart / Originalfassung ohne Untertitel
Endlich kann man sie mal wieder im Kino bewundern: die berühmteste Frisur der Filmgeschichte; wie frisch nach einer Sitzung auf dem elektrischen Stuhl stehen dem Helden von David Lynchs ersten Spielfilm permanent die Haare zu Berge, während er nach der Logik der Träume von einer surrealen Katastrophe in die nächste stolpert. Gebratene Hähnchen bewegen plötzlich auf dem Essteller ihre Schenkel und beginnen zu bluten; im Bett zieht Henry Nabelschnüre aus seiner Frau heraus, und sein abgeschlagener Kopf wird in einer Bleistiftfabrik zu Radiergummis (Eraserheads) verarbeitet. So kompromisslos und visuell hat Lynch seine Obsessionen nie wieder auf die Leinwand gebracht. (hip) HB
Erde und Asche Afghanistan/Frankreich 2004. R: Atiq Rahimi, D: Abdul Ghani, Jawan Mard Homa Youn / Originalfassung mit Untertiteln
„Mit Verspätung kommt diese faszinierende Verfilmung des gleichnamigen Romans ins Kino. Ein alter Mann und sein fünfjähriger Enkel warten an einer staubigen Kreuzug irgendwo in der menschenleeren Weite Afghanistans auf eine Mitfahrgelegenheit. Hinter ihnen liegt das Grauen, die Bombardierung ihres Dorfes, bei der die übrige Familie ums Leben kam, mit Ausnahme des Vaters, der nicht im Dorf war, weil er im Kohlebergbau arbeitet. Ihn wollen Großvater und Enkel jetzt in der Mine besuchen, um ihm die Todesnachricht zu überbringen. Im Schicksal einer Familie werden die Schrecken des Krieges beschworen, aber auch, mit grimmigem Humor, die Solidarität und der Überlebenswille der Opfer.“ (taz) HB
F
Fahrraddiebe Italien 1948, R: Vittorio de Sica, D: Lamberto Maggiorani
„Einem Arbeitslosen wird das Fahrrad gestohlen, das er für den neuen Job als Plakatankleber braucht. Vergeblich durchstreift er mit seinem kleinen Sohn Rom, um die Diebe zu stellen, und wird schließlich selbst aus Not zum Fahrraddieb. Lebendige Erzählweise, Sensibilität, menschliche Wärme und eine soziale Aussage ohne Sentimentalität machten den mit Laien an Originalschauplätzen gedrehten Film zum Meisterwerk des italienischen Neorealismus, der das internationale Kino der 50er Jahre nachhaltig beeinflusste.“ (Lexikon des internationalen Films) HB
Fallen Angels Hongkong 1995, R: Wong Kar-wai, D: Leon Lai, Michelle Reis / Originalfassung mit Untertiteln
„Wong Kar-wais Protagonisten, die das atemlose Lebensgefühl der Nouvelle Vague zu einem panischen Totentanz steigern, haben in diesem Film daraus ihre Konsequenzen gezogen. Sie sind gleichgültig, dem eigenen wie dem fremden Leben gegenüber, sie sind gefallene Engel, die der Film nicht nur im Titel, sondern auch in der Erzählung auf den Punkt bringt. Die Geschichte des melancholischen Mörders, der seines Jobs und seiner Wunden überdrüssig wird, wird sich, anders als in der von Schüssen und dem Gefühl von Zusammenhangslosigkeit durchsiebte Erzählung von Kar-wais ‚Chungking Express‘ durch den ganzen Film ziehen.“ (epd-film) HH
The Five Obstructions Dänemark 2001 bis 2003, R: Lars v. Trier/Jorgen Leth / Originalfassung mit Untertiteln
„‚De fem benspænd‘ heißt der Film im Original. Benspænd ist ein Begriff aus der dänischen Fußballsprache, der das Sperren beim Spiel ohne Ball bezeichnet. Mit dem ‚Dogma‘-Manifest hat sich Lars von Trier vor neun Jahren einen ganzen Katalog solcher Sperren ausgedacht. Jetzt legt er sie lieber anderen in den Weg. Aber immer noch ist er auf der Suche nach den Grenzen des Kinos, und es bleibt faszinierend, ihm dabei zuzuschauen. Im letzten Kurzfilm der ‚Five Obstructions‘ liest Jørgen Leth einen Text von Trier-Text. „Deine Theorie hielt nicht stand, Lars. Deine pädagogische Mission schlug fehl. Du wolltest mich exponieren und hast dich exponiert.“ Besser kann man nicht sagen, warum das Experiment dieses Films gelungen ist.“ (FAZ) HB
Fluchtpunkt San Francisco USA 1971, R: Richard C. Sarafian, D: Barry Newman, Cleavon Little
„Ex-Rennfahrer Kowalski hält sich mit der Überführung von Autos über Wasser. Doch seine Renn-Leidenschaft hat ihn nie losgelassen. Er nimmt eine halsbrecherische Wette an: Innerhalb von 15 Stunden muss er einen frisierten Dodge Challenger von Denver nach San Francisco fahren. Vollgepumpt mit Amphetaminen setzt Kowalski seinen Fuß aufs Gaspedal und beginnt den wahnsinnigen Wettlauf gegen die Zeit - und gegen alle Verkehrsregeln. ‚Vanishing Point‘ ist einer der rasantesten Roadmovies der Filmgeschichte. Der abenteuerliche Mix aus packender Verfolgungsaction, Hippiekultur und mitreißender Rockmusik machten Richard Sarafians Film neben Easy Rider zum größten Kultfilm der 70er.“ (Metropolis) HH
Der Fuchs und das Mädchen Frankreich 2007, R: Luc Jacquet
„Tiere und Natur – das sind die großen Themen von Luc Jacquet. 2005 drehte der Franzose ‚Die Reise der Pinguine‘ und landete damit einen Welterfolg, gekrönt mit einem Oscar für den besten Dokumentarfilm. Kaum weniger faszinierend ist Jacquets neuer Film: Diesmal erzählt er von der wunderbar erfundenen Freundschaft zwischen einem wilden Fuchs und einem sommersprossigen süßen Fratz. Nach anfänglichen Schwierigkeiten tollen Tier und Kind gemeinsam durch einen utopischen Garten Eden: Jacquet und seine genialen Kameraleute verschmolzen Aufnahmen aus den französischen Alpen und den italienischen Abruzzen zu einem mystisch wirkenden Märchenland, in dem alles möglich erscheint. Kein Film für Zyniker, sondern einer zum Schauen, Staunen und Gernhaben.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, KI, OL
G
Der Goldene Kompass USA 2007, R: Chris Weitz, D: Nicole Kidman, Dakota Blue Richards
„Hexen, sprechende Tiere, und das Geheimnis der verschwundenen Kinder: Nicole Kidman und Neu-James-Bond Daniel Craig in dem effektvollen Düstermärchen, das in einem bizarren Paralleluniversum spielt. Fantasy-Fans dürfen sich auf ein trickgewaltiges Kino-Spektakel freuen, das eine aufregende Story mit durchaus realen Bezügen, ja sogar philosophischen Motiven mischt und nebenbei auch eine kräftige Portion Wissenschaftskritik einfügt. Und die dramatische Schlusssequenz dürfte dafür sorgen, dass viele die Fortsetzung „Das magische Messer“ kaum abwarten können.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, KI, OL
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Herr Figo und das Geheimnis der Perlenfabrik Argentinien/Spanien 2006, R: Juan Pablo Buscarini, D: Delfina Varni, Fabián Mazzei
„Moderne Version einer alten spanischen Legende um eine Maus, die nachts unter Kopfkissen versteckte, ausgefallene Zähne von Kindern gegen Münzen austauscht. Bei der Erfüllung ihrer Mission fällt sie dem Komplott eines unloyalen Mäuse-Mitarbeiters und eines geldgierigen Menschen zum Opfer, wird aber von einem kleinen Mädchen und deren Cousin gerettet. Mit viel Tempo und Humor, aber auch ruhigen Momenten und nachdenklichen Zwischentönen inszenierter Familienfilm, der geschickt Real- und Animationsfilm mischt und ein sympathisches Plädoyer für das Bewahren der Kindheit und den Glauben an die Fantasie-Welt hält.“ (filmdienst) H, HB, HH, HL, KI, OL
Das Herz ist ein dunkler Wald Deutschland 2007, R: Nicolette Krebitz, D: Nina Hoss, Devid Striesow
„Der zweite Spielfilm der Schauspielerin Nicolette Krebitz bürdet seiner Geschichte am Ende mehr auf, als ‚Das Herz ist ein dunkler Wald‘ tragen kann, aber die Geschichte einer Frau, die entdeckt, dass sie mit einem Bigamisten verheiratet ist, verliert sich nicht in der Tristesse trügerischer bürgerlicher Fassaden, sondern wagt den Stilbruch. Es gibt einen Maskenball auf einer Burg, auf der Monica Bleibtreu, Günter Maria Halmer, Otto Sander und Marc Hosemann herumirren, in dem zwischen erotischer Verwirrung und surrealem Drama tatsächlich so etwas wie ein dunkles Herz sichtbar wird.“ (Frankfurter Allgemeine) H, HB, HH
Hitman – Jeder stirbt alleine Frankreich/USA 2007, R: Xavier Gens, D: Timothy Olyphant, Dougray Scott
„Der vom französischen Kinopapst Luc Besson (‚Léon – Der Profi‘) produzierte Actionfilm basiert auf den gleichnamigen, preisgekrönten Videospielen um den Mann mit dem tätowierten Strichcode auf dem Hinterkopf. ‚Hitman‘ ist eine wüste, wirre Ballerorgie, die mit einer Verschwörung in Osteuropa beginnt und als konventionelle Rächerstory endet. Olyphant überzeugt in der Titelrolle nicht wirklich. Sein eindimensionales Killer-Posing mag den Videospielen exakt nachempfunden sein, doch er wirkt zu sehr wie ein Kampfhund in Yul-Brynner-Verkleidung. Und die Szenen, in denen er wütend die Zähne fletscht, geraten ihm unfreiwillig komisch. Regisseur Xavier Gens, der zuvor Musikvideos und Werbespots drehte, legt mit seinem Regiedebüt ein knalliges Killerspektakel vor, das merklich von den Bleigewittern eines John Woo inspiriert ist, aber ähnlich seelenlos bleibt wie sein chronisch unterkühlter Held.“ (Cinema) DEL, HB, HH, KI, OL
Hotel Very Welcome Deutschland 2006, R: Sonja Heiss, D: Garreth Llewellyn, Eva Loebau
„Sonja Heiss folgt in ihrem ersten Langspielfilm fünf Travellern in Asien, deren unterschiedlich orientierte Heilssuche auf komische und hintersinnige Weise unterlaufen wird. Ein amüsanter Film, der seinen ruppigen Charme der Akzeptanz des Zufälligen und Improvisierten verdankt.“ (tip) HH
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I Am Legend USA 2007, R: Francis Lawrence, D: Will Smith, Alice Braga
„I Am Legend“ zeigt eine faszinierende Horrorvision der nahen Zukunft: ein entvölkertes New York. Eine Epidemie hat die gesamte Menschheit dahingerafft - bis auf den zähen Wissenschaftler Robert Neville (Will Smith). Begleitet von seiner Schäferhündin, jagt Neville mitten in Manhattan Hirsche; er selbst wiederum passt ins Beuteschema lichtscheuer Monster, die immer aggressiver werden. Der Endzeit-Thriller, inszeniert vom Musikvideo-Regisseur Francis Lawrence, ist bereits die dritte Verfilmung des Science-Fiction-Romans von Richard Matheson (nach 1964 mit Vincent Price und 1971 mit Charlton Heston), doch über weite Strecken von zeitlos schöner Schockwirkung.“ (Der Spiegel) BHV, DEL, H, HB, HH, HL, KI, OL
Ich weiß, wer mich getötet hat USA 2007, D: Chris Sivertson, D: Lindsay Lohan, Julia Ormond „Nach einer zweiwöchigen „Entführung wird das weibliche Opfer eines Serienkillers schwer verletzt, aber lebend gefunden, weiß jedoch fortan nichts mehr von seiner ursprünglichen Identität und auch nicht von Verwandten und Bekannten. Unerklärliche Albträume und Verletzungen veranlassen das Mädchen, nach der Identität des Täters, aber auch seiner eigenen zu forschen. Hanebüchen konstruierter, darstellerisch und handwerklich unterdurchschnittlicher Psychothriller mit reißerisch eingesetzten Ekelszenen.“ (filmdienst) BHV, DEL, H, HB, HH, KI
Into the Wild USA 2007, R: Sean Penn, D: Emile Hirsch, Marcia Gay Harden
„Intensive Adaption des Tatsachenromans von Jon Krakauer über einen jungen Mann, der 1992 seine alte Existenz hinter sich ließ, um in der Wildnis zu leben. Sean Penn nimmt sich des schwierigen Thema in seiner vierten - und besten! - Regiearbeit an und macht daraus einen Film, der gleichzeitig einfühlsame Charakterstudie, packendes Abenteuer und eindringliches Survival-Drama ist, mit einem überragenden Emile Hirsch (‚Speed Racer‘) in der Hauptrolle. Pearl-Jam-Sänger Eddie Vedder steuerte Songs zum Soundtrack bei.“ (Blickpunkt:Film) H
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Kabadayi – Für Liebe und Ehre Türkei 2007, R: Ömer Vargi, D: Sener Sen, Kenan Imirzalioglu
„Ali Osman ist pensioniert. In seiner Jungend hingegen waren er und seine Freunde die Fürsten der Straßen, die Beschützer der Schwachen. Jetzt sind die Revolver lange schon gegen Brettspiele eingetauscht, doch dann legt sich sein Sohn mit der Mafia an. Die Angelegenheit seines Sohnes wird zur Ehrensache und auch Devran erkennt, dass Ali nichts von seinem früheren Kampfgeist verloren hat. So wagt die beschauliche Altherrenclique noch einmal einen Aufstand gegen die Drogenmafia.“ (tiscali.kino) H, HB, HH, KI
Keinohrhasen Deutschland 2007, R: Til Schweiger, D: Til Schweiger, Nora Tschirner
„Mit einer Mischung aus Selbstironie und Selbstgefälligkeit spielt Schweiger einen aasigen Weiberhelden, den Berliner Boulevardreporter Ludo, der gemeinsam mit dem Fotografen Moritz die Hauptstadtprominenz belästigt. Ludo platzt unangemeldet in die Verlobungsfeier von Boxer Wladimir Klitschko (recht überzeugend dargestellt von Klitschko persönlich) mit der Schauspielerin Yvonne Catterfeld und demoliert aus Versehen die festlich gedeckte Tafel. Derart muffige Rollenmuster haben die meisten modernen Hollywood-Filme seit Jahren überwunden. In ‚Keinohrhasen‘ dagegen muss die schüchterne Anna (Nora Tschirner) vor dem Spiegel sogar eine Liebeserklärung üben. Kürzer, knapper müsse das Ganze rüberkommen, erkennt sie bald – ein Ratschlag, den der Filmemacher Schweiger leider missachtet hat. Stattdessen dehnt er selbst die gelungenen Gags derart schamlos, bis auch der letzte Lacher auf der Strecke bleibt.“ (Der Spiegel) BHV,DEL, H, HB, HH, KI, OL
Kenneth Branagh – Die Zauberflöte Großbritannien 2006, R: Kenneth Branagh, D: Joseph Kaiser, Amy Carson
„Autor Stephen Fry hat das Opernlibretto von Mozarts ‚Die Zauberflöte‘ für Kenneth Branaghs Filmversion umgekrempelt. Die Handlung ist in den Ersten Weltkrieg verlegt und gesungen wird auf englisch. Von der ersten Minute an tilgt Branagh das Bühnenhafte und lässt keinen Zweifel daran, dass seine ‚Zauberflöte‘ Kino sein soll. Mit Hilfe von CGI-Effekten und einigen hübschen Ideen wird dabei aus der über 200 Jahre alten Oper ein komisch-fantastisch-dramatisches Spektakel mit Drang zur kitschigen Bildgewalt. Vor allem in der zweiten Hälfte fehlt da manchmal die nötige Leichtigkeit.“ (tip) HB
Kidulthood Großbritannien 2006, R: Menhaj Huda, D: Aml Ameen, Red Madrell / Originalfassung mit Untertiteln
Pubertierende Jungen schlagen in öffentlichen Räumen mit äußerster Gewalt Passanten zusammen, denen sie zufällig begegnet sind. Die Außenseiterin in einer Schulklasse wird von einer Mädchengang gemobbt und begeht Selbstmord. Eine Fünfzehnjährige wird ungewollt schwanger und ihre gleichaltrige Freundin verkauft ihren Körper an ältere Männer, damit sie sich Drogen und Klamotten leisten kann. Dies ist im Grunde schon der Plot des plakativen und sensationsheischenden Teenagerdramas „Kidulthood“, der den herrschenden Zeitgeist illustriert, von dem er selber ja auch ein glitzernder Teil ist. (hip) HB
Der Klang des Herzens USA 2007, R: Kirsten Sheridan, D: Freddie Highmore, Keri Russell
„Ein Elfjähriger, der gleich nach seiner Geburt zur Adoption freigegeben wurde, macht sich auf, um seine Eltern zu suchen. Beim Überleben auf der Straße hilft ihm seine große Musikalität, die ihn zum gefeierten Musiker aufsteigen lässt und auch die Familienzusammenführung ermöglicht. Ungewöhnlicher Kinderfilm mit Anleihen bei Charles Dickens’ ‚Oliver Twist‘. In Gestalt eines allzu ehrgeizigen Musikfilms kann er die einzelnen Handlungsstränge jedoch nicht zum schlüssigen Ganzen formen und bietet musikalisch in erster Linie Kitsch.“ (filmdienst) H, HB, HH
Kleiner Dodo Deutschland 2007, R: Thilo Graf Rothkirch, Ute von Münchow-Pohl
„Ein Animationsfilm für kleine Kinofans aus der Schmiede, die auch für ‚Lauras Stern‘ und den ‚Kleinen Eisbären‘ verantwortlich zeichnete: Orang-Utan-Nachwuchs Dodo findet im Regenwald ein rätselhaftes ‚Dingsbums‘, dem man tolle Töne entlokken kann: eine Geige! Ein einzelgängerischer Artgenosse, der das Instrument beherrscht, gibt diese Kunst an den Kleinen weiter. Bei seinen Abenteuern wird das Äffchen mit der Musik als Quelle von Inspiration und Heilung vertraut. Der kindgerechte Spaß wartet mit sympathischen Charakteren und ansprechender Animation auf.“ (Rheinischer Merkur) BHV, DEL, HB, HH, KL, OL
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Letzte Bilder eines Schiffbruchs Argentinien 1989, R: Eliseo Subiela, D: Lorenzo Quinteros, Noemi Frenkel
In einem Roman von Flann O’Brien rebellieren die Figuren gegen ihren Autor: Sie beklagen sich seitenlang über ihre mangelnden literarischen Qualitäten und erobern ganze Kapitel, während der Autor schläft oder säuft. Dieser argentinische Film erzählt eine genau entgegengesetzte Geschichte. Hier trifft ein Schriftsteller, der verzweifelt nach einem Romanstoff sucht, eine seltsame Familie. Er beschließt über sie zu schreiben und beeinflusst sie – zuerst unbewusst und dann immer zielstrebiger – so, dass ihr Leben immer mehr seinen Fiktionen entspricht. Aber auch er ist natürlich nur die Kopfgeburt eines Autors – des Regisseurs Eliseo Subiela – und er ahnt es: „Vielleicht sind sie und ich nur Figuren in einem Film, den ein anderer gemacht hat.“ Dies ist ein merkwürdiger Film im besten Sinne des Wortes. So ähnlich hätte es wohl ausgesehen, wenn Bunuel einen Text von Jorge Luis Borges verfilmt hätte. (hip) HB
Lissi und der wilde Kaiser Deutschland 2007, R: Michael Herbig
„In seiner Grundidee beruht Herbigs Animationsfilm auf Sketchen aus seiner Fernsehshow ‚bullyparade‘, um die herum man eine zunächst etwas pomadig in die Gänge kommende Story gestrickt hat: die traute Zweisamkeit von Kaiser Franz und seiner Gemahlin Lissi wird jäh gestört, als die Kaiserin vom Yeti entführt wird. Die 3-D-Animation ist durchaus ordentlich; Parodien, Wortspiele und die Arbeit mit Dialekten machen ‚Bullys‘ bewährten Witz aus. Einen Dauerbrüller sollte man sich allerdings nicht erwarten.“ (tip) H, HB, HH, KI
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Mein bester Freund Frankreich 2006, R: Patrice Leconte, D: Daniel Auteuil, Dany Boon
„Ein skrupelloser Pariser Antiquitätenhändler ist nicht zur Freundschaft fähig. Mit einer Wette will er das Gegenteil beweisen und binnen zehn Tagen einen wahren Freund präsentieren. Einsatz ist eine antike Vase, für deren Besitz er zu allen Gemeinheiten fähig scheint. Opfer und Studienobjekt wird der Taxifahrer Bruno, ein normannischer Jack Lemmon, der seinerseits unter Versagensängsten leidet. Freundlich bissige Komödie um die Geheimnisse von Männerfreundschaften.“ (tip) HB, HH
Mia san dageng! 30 Jahre Punk in München Deutschland 2007, R: Olli Nauerz, Katz Segler, Michael Bentele
„Dokumentation über die Geschichte der Punk-Bewegung in Bayern von 1977 bis heute, die der Film in den Kontext einer langen Tradition von zivilem Ungehorsam stellt. In Interviews und mit alten Super-8-Aufnahmen wird von politischen und musikalischen Zäsuren erzählt, die Bilder werden dabei mit viel authentischer Musik unterlegt. Zwar wird im letzten Drittel mit dem Versuch, das historische Phänomen mit aktuellen Trends abzugleichen, die Kapazität des Unterfangens ein wenig überdehnt, dennoch bleibt der Film über große Strecken unterhaltsam und informativ.“ (Lexikon des internationalen Films) HH
Mr. Magoriums Wunderladen USA 2007, R: Zach Helm, D: Dustin Hoffman, Natalie Portman
„Wird man nach 114 Jahren als Betreiber eines Spielzeugladens, in dem die Auslagen ein hyperaktives Eigenleben annehmen, zwangsläufig gaga? In ‚Mr. Magoriums Wunderladen‘ jedenfalls turnt Dustin Hoffman als magischer Zausel zwischen den Regalen herum, während Regisseur Zach Helm mit viel Instant-Filmmagie einen Budenzauber veranstaltet, den er als universellen Kindertraum verkaufen möchte. Mit seiner abgefüllten Zuckerrauschwunderwelt lässt der Film allerdings kaum Platz für Imagination und Einfälle, die über die behauptete Originalität hinausgehen.“ (tip) H, HB, HH, HL
N
Nachmittag Deutschland 2007, R: Angela Schanelec, D: Jirka Zett, Miriam Horwitz
„Fünf Menschen erleben während einiger Ferientage, wie ihre Familie schmerzlich auseinander driftet. Das grausame Bild sozialer Verwüstungen inmitten finanzieller Sicherheit, dessen Ausdruck noch gesteigert wird durch die scheinbar idyllische Umgebung, in der sich die verletzten, enttäuschten und sprachlosen Menschen bewegen. Ein genau beobachtender Film, der den Niedergang seiner Protagonisten präzise beschreibt und dessen Personen an die Tschechowschen Sommergäste erinnern.“ (Lexikon des internationalen Films) H
P
Persepolis Frankreich/USA 2007, R: Marjane Satrapi & Vincent Paronnaud
„Mit ihren erfolgreichen autobiografischen Graphic novels hat die Exiliranerin Marjane Satrapi, die heute in Paris lebt, ein Fenster in ihre frühere Heimat geöffnet, das einen Blick aus überraschender Perspektive bietet. Satrapis schwarzweisse, in gewollt naivem Stil gezeichneten Comics sind nun in einen kongenialen Animationsfilm umgesetzt worden. ‚Persepolis‘ erzählt die Lebensgeschichte der Autorin vor dem Hintergrund der Islamischen Revolution in Iran. Aus dem aufgeweckten und aufsässigen Kind wurde eine rebellische Jugendliche, die von ihren liebenden Eltern zu ihrem eigenen Schutz nach Europa geschickt wurde. Die Geschichte erfreut sich, auch hinsichtlich der historischen Fakten, einer konsequent subjektiven Haltung, die bisweilen ins Larmoyante abzurutschen droht, sich aber immer wieder mit schwarzem Humor gegen aufkommendes Selbstmitleid wappnet. In seinem selbstironisch-polemischen Ton ist ‚Persepolis‘ Schwarzweissmalerei der ergötzlichsten Art.“ (Neue Zürcher Zeitung) BHV, H, HH
Die Prophezeiungen von Celestine USA 2006, R: Armand Mastroianni, D: Matthew Settle, Thomas Kretschmann
„Ein Amerikaner schließt sich in Peru einer Gruppe an, die acht mysteriöse Prophezeiungen entschlüsseln und eine neunte finden will. Jedoch versuchen ein dubioser Geschäftsmann, Militärs und ein Kardinal zu verhindern, dass diese spirituellen Schriften, die eine grundlegende Wende im Denken der Menschen bewirken sollen, bekannt werden. Der Abenteuerfilm nach James Redfields Buch propagiert dessen esoterische Ideen, was aufgrund der dilletantischen Umsetzung aber in jeder Hinsicht scheitert.“ (filmdienst) H, HB, HH, KL
R
Ratatouille USA 2007, R: Brad Bird
„Aus die Maus! Seit die Computertrick künstler des Pixar-Studios (‚Findet Nemo‘) die Animationsabteilung des Disney-Konzerns leiten, herrscht dort ein geradezu subversiver Geist: Der Held der neuen Disney/Pixar-Produktion ‚Ratatouille‘ ist ausgerechnet eine Ratte. Remy heißt das Tier, ein kleiner Feinschmecker, der lieber Rohmilchkäse als Abfall frisst und von einer Karriere als Koch träumt. Durch Zufall und die Kanalisation landet Remy in der Küche eines Pariser Gourmetrestaurants. Brad Bird (Drehbuch und Regie) ist eine wunderbare Trickkomödie gelungen, genau jene Mischung aus Humor, Sentiment und Spannung, die man in aktuellen US-Filmen sonst meist vergeblich sucht. Wer war noch mal Micky Maus?“ (Der Spiegel) H, HB, HH, KI, OL
Red Without Blue USA 2006, R: Brooke Sebold, Benita Sills, Todd Sills / Originalfassung mit Untertiteln
„Auf vielfachen Wunsch wird der Gewinner des Publikumspreises ‚Globola‘ für den besten interkontinentalen Langfilm der Lesbisch Schwulen Filmtage 2007 noch einmal gezeigt. Der spannende Dokumentarfilm beschreibt das innige, aber auch schwierige Verhältnis der Zwillingsbrüder Mark und Alex, die in der Highschool ein turbulentes Coming Out erleben und nach einem gemeinsamen Selbstmordversuch für zweieinhalb Jahre getrennt werden. Während dieser Periode beschließt Alex, als Frau zu leben. Der Film, der die eineiigen Zwillinge drei Jahre lang begleitete, porträtiert ihre Suche nach ihrem Platz in der Welt und erzählt mit Einfühlungsvermögen und Respekt von den Versuchen der beiden, ihre Ablösungsprozesse wie auch ihre Bedürfnisse nach Nähe und Freundschaft zu leben. Ein tiefsinniger, dichter Film, der die Geschichte über Einsamkeit, Vertrauen und Freundschaft berührend erzählt.“ (Metropolis) HH
S
Spuren eines Lebens USA/Deutschland 2007, R: Lajos Koltai, D: Claire Danes, Toni Collette
„Nur selten finden sich Hollywoods Leading Ladys zu einer solch geballten Leinwand-Präsenz zusammen wie in diesem Melodrama, das mit Vanessa Redgrave und Meryl Streep, deren Töchtern Natasha Richardson und Mamie Gummer sowie Glenn Close, Claire Danes und Toni Collette ein beeindruckendes Staraufgebot vorweisen kann. Mit Michael Cunningham (‚The Hours‘) kommt zudem ein renommierter Drehbuchautor hinzu. Herausgekommen ist indes nur eine schale Schmonzette um die Erinnerungen einer alten Frau an ihre grosse Liebe und an einen Hochzeitstag, der ein tragisches Ende nimmt. Ohne die erwartungsgemäss guten darstellerischen Leistungen wäre dieser sentimentale und vorhersehbare, aufs weibliche Publikum abzielende Film nur schwer erträglich.“ (Neue Zürcher Zeitung) H, HB, HH, KI
T
30 Days of Night USA 2007, R: David Slade, D: Josh Hartnett, Melissa George
„Eine morbide Schlachtplatte: Vampire fallen in einer langen arktischen Nacht über eine Kleinstadt in Alaska her. Regisseur David Slade zählt zu den jungen Wilden eines neuen Hollywood. Er hatte mit dem fiesen, furiosen und verdammt smarten Psycho-Kammerspiel ‚Hard Candy‘ 2005 sein Spielfilmdebüt gegeben und durfte nun unter der Aufsicht seiner Produzenten Sam Raimi und Rob Tapert die Adaption von der Comic-Trilogie ‚30 Days of Night‘ von Ben Templesmith und Steve Niles inszenieren. Ähnlich wie James Wan und Eli Roth, die mit ihren Filmen ‚Saw‘ und ‚Hostel‘ eine neue Ära der Gewaltdarstellung im zeitgenössischen Horrorfilm eingeläutet haben, beherrscht Slade das pure Handwerk des Horrors virtuos. Und ähnlich wie Wan und Roth scheitert er bei dem Versuch, eine wirklich fesselnde Geschichte zu erzählen.“ (br-online) HH, OL
Todeszug nach Yuma USA 2007, R: James Mangold, D: Russell Crowe, Christian Bale
„Ein Farmer steht wegen einer Dürreperiode am Rande des Ruins und übernimmt gegen Bezahlung die Verantwortung für einen Gefangenentransport, bei dem ein Räuber überstellt werden soll. Remake des Western-Klassikers ‚Zähl bis drei und bete‘ (1956), der von der ironischen Brechung von Genre-Formen zehrte und den Zynismus der Italowestern vorwegnahm. Der neue Film kompensiert seinen Mangel an Originalität durch Action, findet aber keinen Zugang zum Stoff, der über das heute nicht mehr wirksame Spiel mit traditionellen Genre-Formen hinausgehen würde.“ (filmdienst) HB, HH
Tödliche Versprechen – Eastern Promises USA/Kanada/Großbritannien 2007, R: David Cronenberg, D: Viggo Mortensen, Naomi Watts
„‚Eastern Promises‘ setzt erfolgreich fort, was Cronenberg mit seinem letzten Film ‚A History of Violence‘ bereits gelungen war, eine Verbindung nämlich zu knüpfen zum Mainstream, ohne seine künstlerischen Eigenheiten, seine immense Genauigkeit und seinen inzwischen völlig schlackenfreien Stil zu opfern. Der Film, der ins Herz der Russenmafia in London führt, beginnt mit einer Geburt und zwei Todesfällen. Die Zerstörung von Körpern, die Zeit, die es dauert, Leben in ihnen auszulöschen, die Anstrengung, die es braucht, das mutwillig zu tun, die Menge Blut, die aus ihnen fließen kann, die Geräusche, die das macht, und wie es unter der Haut aussieht, all das betrachtet Cronenberg mit großem Ernst und ohne die banale Beiläufigkeit, mit der im Kino meist gemordet und gestorben wird. Dass er gleichzeitig das Genre bedient, dass er Schauspieler hat, die das tragen können – Viggo Mortensen, der von Film zu Film besser wird, Naomi Watts, Vincent Cassel und Armin Müller-Stahl –, und dass er seinen Szenen nicht durch Rücksichtnahme auf Prüderien oder Eitelkeiten die Kanten abschleift, macht ‚Eastern Promises‘ in der Tat zu einem der großen Filme dieses Herbstes.“ (Frankfurter Allgemeine) H, HB, HH, KI, OL
V
Verwünscht USA 2007, R: Kevin Lima, D: Amy Adams, Patrick Dempsey
„Schöne bunte Disney-Welt: ‚Verwünscht‘ beginnt so, wie ein Disney-Film beginnen muss – als Zeichentrickmärchen in einem verzauberten Königreich. Aber dank der fiesen Königin Narissa landet Prinzessin Giselle schon nach kurzer Zeit im heutigen New York – und ‚Verwünscht‘ geht als Realfilm weiter. In dieser zynischen Großstadt erlebt die naive Giselle haarsträubende Abenteuer – und verzaubert mit ihrem Charme nicht nur den Scheidungsanwalt Robert. ‚Verwünscht‘ spielt selbstironisch mit nahezu allen Klischees klassischer Disney-Trickfilme, bleibt deren versöhnlichem Geist aber stets treu. Und das macht dieses flotte, zuckersüße Prinzessinnen-Abenteuer zum perfekten Weihnachtsfilm für die ganze Familie.“ (Cinema) BHV, DEL, H, HB, HH, KI, OL
W
Wallace & Gromit Total Großbritannien 1993-96, R: Nick Park / Originalfassung mit Untertiteln
Die drei Kurzfilme „A Grand Day Out“, „The Wrong Trousers“ und „A Close Shave“ mit dem Kinopaar, das gute Chancen hat, als die gekneteten Erben von Laurel & Hardy in die Filmgeschichte einzugehen. (hip) HB
Wide Awake – Portrait Of An Artist As Insomniac USA 2006, R: Alan Berliner / Originalfassung ohne Untertitel
„Berliner nutzt einmal mehr sein eigenes Leben als Laboratorium: In ‚Wide Awake‘ erläutert er in einer rückhaltlos offenen Ich-Erzählung sowohl die durch seine Schlaflosigkeit verursachten Qualen als auch den Segen der dadurch gewonnenen Zeit, die ihm sein künstlerisches Schaffen ermöglicht.“ (Kino 46) HB
Wild at Heart USA 1990, R: David Lynch, D: Nicolas Cage, Laura Dern
So oder so – David Lynch traf mit diesem Film die Nerven seiner ZuschauerInnen. Die einen wendeten sich angewidert von diesem „spekulativen Machwerk“ ab, die anderen ließen sich auf Lynchs Obsessionen ein und genossen sein geniales Durcheinander aus Komödie, Märchen, Roadmovie, Krimi, Erotik, Kunst und Ekel. (hip) HH
The Wind That Shakes the Barley Großbritannien/Irland/Deutschland/Italien/Spanien 2006, R: Ken Loach, D: Cillian Murphy, Pádraic Delaney / Originalfassung mit Untertiteln
„Nachdem er mehrere grausame Übergriffe britischer Soldaten gegen irische Zivilisten miterleben musste, tritt ein junger Arzt 1916 der Widerstandsgruppe seines Bruders bei, die im Untergrund gegen die Besatzer kämpft. Während sich die Gewalt auf beiden Seiten hochschraubt, verwischt die zunächst klar scheinende Grenze zwischen Gut und Böse mehr und mehr. In seinem neuesten Film befasst sich Regisseur Ken Loach mit den Anfängen der IRA und entwirft dabei ein zunehmend komplexes Geschichtsbild. Dabei hätte er Gewalt als Mittel der Politik noch nachdrücklicher infrage stellen können, um somit den Film vor der Lesart einer blutromantischen Heldenverehrung zu bewahren.“ (Rheinischer Merkur) HB
Wir verstehen uns wunderbar Frankreich 2006, R: Antoine de Caunes, D: Charlotte Rampling, Jean Rochefort
„Der Titel ist natürlich purer Sarkasmus. Denn das Wiedersehen zwischen einer britischen Kinodiva und dem französischen Regisseur, mit dem sie fünf Filme drehte, verläuft stürmisch. In den 70ern waren sie das Glamour-Traumpaar schlechthin, ihre Romanze inklusive Scheidung füllte die Klatschspalten. Jetzt soll sie ihm einen Preis überreichen, muss dazu aber fast geprügelt werden. Charlotte Rampling und Jean Rochefort verquicken britischen Humor und französischen Esprit aufs Eleganteste. Aus ihrem Zusammentreffen schlägt der Film wunderbare Screwball-Funken - man stelle sich Elizabeth Taylor und Richard Burton 30 Jahre später vor!“ (Cinema) H, HB, HH, HL, KL, OL
Z
Die zweigeteilte Frau Frankreich/Deutschland 2007, R: Claude Chabrol, D: Ludivine Sagnier, Benoît Magimel
„Sex, Eifersucht, pervertierte Unschuld sind die Lieblingsthemen des sarkastischen Altmeisters Claude Chabrol. Hier serviert er sie so brillant wie lange nicht mehr. Das Eifersuchtsdrama „Die zweigeteilte Frau“ breitet genüßlich eine verhängnisvolle Affäre aus, die hurtig voranschreitet und immer neue verblüffende Wendungen parat hält. Mitwirkende sind ein eitler Geck von Schriftsteller, eine ehrgeizige Kindfrau von der Wetterberichtsfront, eine sexy Lektorin und ein überforderter Ehemann, der in die Raserei getrieben wird.“ (tip) H, HB, HH, KL, OL
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