: Ratten im Dienst der niederländischen Polizei
SCHNÜFFLER Dressierte Ratten sollen zur Spurensuche eingesetzt werden. Sie sind billiger als Spürhunde
Sie heißen Derrick, Magnum oder Poirot und sind die neuesten Mitarbeiter der niederländischen Polizei: Ratten, die Schießpulverrückstände und Drogen erschnüffeln können. Vor allem um Zeit und Geld zu sparen, trainiert die Polizei die Spürnasen mit den illustren Namen seit zwei Jahren in einem Gebäude in Rotterdam.
„Nach unseren Informationen sind wir die ersten weltweit, die Ratten für polizeiliche Ermittlungen abrichten“, sagt Mark Wiebes, Leiter des Innovationszentrums der niederländischen Polizei. Eine Ratte kostet lediglich zehn Euro, während bei einem Spürhund für Anschaffung und monatelange Ausbildung Zehntausende Euros anfallen.
Seit Ende 2011 leben die Nagetiere in einem Käfig auf dem Gelände, wo auch Polizeihunde und Pferde trainiert werden. Die Ratten sind vorwiegend nachtaktiv und werden deshalb bei abgedunkelten Fenstern gehalten. „Je langweiliger das Leben der Ratte ist, umso besser“ sei sie bei der Detektivarbeit, sagt die Projektleiterin Monique Hamerslag. Männliche Ratten erledigten die Schnüffelei außerdem besser als weibliche Tiere. Das größte Problem ist die Scheu der Tiere. In einer neuen Umgebung bewegen sich Ratten im Gegensatz zu Hunden nur widerstrebend.
Die Ratten „brauchen kaum zehn bis 15 Tage, um einen bestimmten Geruch von anderen zu unterscheiden“, sagt Hamerslag, während sie Derrick aus seinem großen Käfig nimmt und in den kleineren „Arbeitskäfig“ setzt. Während der Trainingseinheit werden an der Seite des Käfigs vier kleine Tee-Eier angebracht, von denen eins Rückstände von Schießpulver enthält. Gerade mal zwei Sekunden braucht Derrick, um das richtige Ei ausfindig zu machen. Als Belohnung gibt es ein Klicken und einen Sonnenblumenkern.
Gibt es nach einer Schießerei mehrere Verdächtige, so sind Hinweise auf Schießpulver-Rückstände sehr nützlich. Schließlich sind Labortests teuer und dauern bis zu zwei Stunden, bei mehreren Verdächtigen noch länger. Zwar dürfen die Erkenntnisse von Spürratten nicht bei Gericht verwendet werden, doch geben sie den Forensikern immerhin Anhaltspunkte, etwa welche Kleidung sie als erstes testen sollten.
Die Idee, Ratten zu beschäftigen, entwickelte Hamerslag in ihrer Abschlussarbeit vor ihrem Eintritt in den Polizeidienst. Dabei bezog sie sich auf eine Hilfsorganisation, die in Tansania Ratten zur Erschnüffelung von Landminen einsetzt.
Erste Tests über die Einsatzfähigkeit der Schnüffler verliefen vielversprechend. Der Innovationsbeauftragte Wiebes hofft, dass die Nager bereits Anfang nächsten Jahres bei Ermittlungen helfen können. AFP
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