: Mrs. Piel …
… Sie werden gebraucht: Wie WDR-Hörfunkdirektorin Monika Piel zur Intendantin wurde, obwohl der Rundfunkrat erst nächste Woche wählt
VON HANNAH PILARCZYK UND STEFFEN GRIMBERG
„Frauenpower gegen Männermauer“, hatte der Medienfachdienst Funkkorrespondenz noch am Donnerstag zur Intendantenwahl beim WDR getitelt. Jetzt ist es so gut wie amtlich: Die größte ARD-Anstalt wird künftig von einer Intendantin geführt. Kleiner Schönheitsfehler: Monika Piel, bislang Hörfunkdirektorin in Köln, wird offiziell erst am Montag vom Rundfunkrat gewählt. Doch die Strippenzieher hinter den Kulissen des höchstes WDR-Gremiums haben schon jetzt ganze Arbeit geleistet und das Feld der übrigen Kandidaten erfolgreich bereinigt.
Nachdem sich offenbar die SPD-nahen Rundfunkräte mit den sogenannten „Grauen“, den keiner der großen Parteien zugeordneten Gremienmitgliedern, auf Piel verständigt hatten, warf gestern auch Nikolaus Brender das Handtuch. Der ZDF-Chefredakteur hatte als ernst zu nehmender Gegenkandidat gegolten. Die großen Parteien in Nordrhein-Westfalen hätten sich inzwischen auf Piel als Nachfolgerin von Intendant Fritz Pleitgen festgelegt, sagte Brender gestern epd medien. Für eine „rein kosmetische Wahl“ stehe er aber nicht zur Verfügung.
Genau das wäre beim Procedere von Köln aber herausgekommen.„Ich finde zwar nicht das Ergebnis, aber das Verfahren unsäglich“, sagte gestern Oliver Keymis, der für die NRW-Grünen im Rundfunkrat sitzt, der taz. De facto habe man das oberste WDR-Gremium schlicht und ergreifend „außen vor gelassen“. Die normalen Mitglieder hätten keinen der Kandidaten je offiziell zu Gesicht bekommen – und die Strippenzieher „einigen sich hinter den Kulissen“.
In der Tat taugt die für heute angesetzte Sondersitzung des Rundfunkrates und die Wahl am Montag nur noch als demokratische Farce. Doch weil es nun ein klarer Durchmarsch für Monika Piel werden dürfte, sind’s die WDR-Mächtigen zufrieden: Noch-Intendant Pleitgen zeigte sich gestern jedenfalls höchst angetan, „dass es nun auf Monika Piel hinausläuft. Sie genießt meine große Wertschätzung.“ Er selbst habe Piel schließlich ermutigt, „sich für das Amt des Intendanten zu interessieren“, so Pleitgen: „Bei ihr bin ich sicher, dass sie den WDR gut und vor allem unabhängig führen wird.“
Naturgemäß hat der Erfolg von Piel überhaupt plötzlich viele Eltern: Der Journalistinnenbund etwa sieht sich durch ein Anschreiben an die Rundfunkräte, in dem er für mehr Intendantinnen-Kandidaten warb, in der Rolle des Königinnenmachers. „Wir waren an dem Verfahren stark beteiligt und freuen uns nun mächtig, dass es auf Frau Piel als Intendantin hinausläuft“, sagt die Vorsitzende Eva Kohlrusch. Andere halten Pleitgens Unterstützung für Piel für ausschlaggebend: „Fritz Pleitgen hat eine gezielte Personalpolitik betrieben, indem er Frau Piel systematisch mit Aufgaben betraut hat, die sie für das Intendantenamt qualifizieren“, sagt die Gleichstellungsbeauftragte des SWR, Angelika Lipp-Krüll. Weggewischt die zahlreichen Berichte, dass sich Pleitgen zuletzt mehr oder minder öffentlich für Brender als seinen Wunschkandidaten ausgesprochen hat.
Was alle ARD-Frauen, bei denen man sich umhört, eint, ist die Einschätzung, dass die Umstände der Wahl Piel nicht schaden: Ganz gemäß dem neuen machtpolitischen Verständnis des Feminismus ist man glücklich über das Ergebnis – und sieht es mit dem Gemauschel vor der Kür der Intendantin nicht so genau. Hauptsache, das Ergebnis stimmt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen