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SPORTPLATZKämpfende Kelten

HIGHLAND GAMES Baumstammüberschlag und Steinstoßen: Sport rustikal in den Marzahner Gärten der Welt

Wettrollen mit 200 Kilogramm schweren Holzfässern, Baumstammweitwurf: die Disziplinen bei den Norddeutschen Meisterschaften der Highland Games in den Marzahner Gärten der Welt muteten recht rustikal an. Durch elf Disziplinen mussten sich die fünf Teams am Samstag kämpfen – am Ende wurden die letztjährigen Meister, die Barbarischen Brüder aus Berlin, von der Little Dragon Bruderschaft aus Halle (Saale) vom Thron gestoßen.

Baumstämme werfen und Weitwurf mit Strohballen – klingt nach extremer Randsportart, doch die Szene ist gar nicht so klein, wie man vielleicht zuerst vermutet: Etwa 50 Teams nehmen deutschlandweit an verschiedenen Highland Games teil, schätzt Veranstalterin Beate Reuber von den Gärten der Welt, die die Highland Games inzwischen im vierten Jahr in Folge ausrichten. Mittlerweile gebe es etablierte Disziplinen, darunter Hammerwerfen, Steinstoßen, Gewichthochwurf – und Baumstammüberschlag, bei dem ein meterlanger Pfahl so geworfen werden muss, dass er einmal um sich selbst rotiert, bevor er den Boden berührt.

Vom Deutschen Olympischen Sportbund werden die Wettkämpfe allerdings noch nicht anerkannt. Ligen oder feste Verbandsstrukturen – ebenfalls Fehlanzeige.

Dabei fand der erste Wettkampf in Deutschland bereits 1998 statt, im Ursprungsland Schottland ist die Tradition erwartungsgemäß sogar noch deutlich älter: Die Wurzeln der Spiele sollen bis ins 12. Jahrhundert zurückreichen. Clans hatten das schottische Hochland unter sich aufgeteilt, der damalige König Malcolm suchte nach den stärksten Männern, die ihm als Boten dienen sollten, und ließ deshalb Clanmitglieder in Wettkämpfen gegeneinander antreten.

Königin Elizabeth II., Schirmherrin der zeitgenössischen Highland Games im schottischen Braemar, greift heute vermutlich auf Post und E-Mail zurück – doch die Spiele sind geblieben. Allerdings sind sie eher ein Fest, das sich nicht ganz so ernst nimmt, als ein ernsthafter Wettkampf: Die schottische und die keltische Kultur werden zelebriert, mitunter auch mit einem Gummistiefelweitwurfwettbewerb für alle. Dudelsack und das Tragen des traditionellen Kilts gehören sowieso zum Pflichtprogramm.

Whisky und Bratwurst

In Marzahn bemühte man sich am Samstag denn auch um eine möglichst authentische Atmosphäre. Ein Dudelsackspieler lieferte die passende Begleitmusik, ein Mittelaltermarkt versorgte BesucherInnen mit stilechtem Whisky und Met und eher weniger stilechter Thüringer Bratwurst.

Christian von den Nordmännern Berlin mag es, bei den Spielen an seine körperlichen Grenzen zu gehen. Sein Kollege Marco schätzt hingegen die Atmosphäre, die an ein Familientreffen erinnert: „Wir treten hier zwar gegeneinander an, aber wir unterstützen uns zwischen den Clans, helfen uns auch mal mit einem Mann aus, wenn einer fehlt.“ Dass sie den letzten Platz gemacht haben, scheint die Nordmänner denn auch nicht weiter zu bekümmern.

Auch Frauen schwitzten am Sonnabend auf der sonnenverbrannten Wiese – mangels Teilnehmerinnen allerdings außer Konkurrenz: Als einzigem Frauenteam war dem Clan Cailleach der erste Platz sicher. Bei den Männern siegten am Ende jene, die sich eigens auf den Wettkampf vorbereitet hatten: Während die Little Dragons regelmäßig trainieren, setzen die Brüder eher auf Glück und Muskelkraft. „Wir haben von dem Sport eigentlich keine Ahnung“, sagt Christian und grinst. HILKE RUSCH

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