: Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um
Wie eine Nacktschnecke einen Regenwurm verdaut, das kann erstaunlich spannend sein – wie jetzt im Schinkel Pavillon bei „Animal Kingdom – There Was an Old Lady Who …“ zu entdecken. Gastkuratorin April Lamm hat eine fantastische Abfolge von 23 Film- und Videoarbeiten von Künstlern wie Douglas Gordon, Anri Sala, Carsten Höller, Franz Stauffenberg oder Werner Herzog zusammengestellt. Die unglaublich schleimige Nahaufnahme von Ulrike Heise ist nun so spannend, weil man einfach nicht richtig dahinterkommt, wo das eine Tier aufhört und das andere beginnt. Überhaupt sind die niederen Tiere extrem interessant, etwa die Seepferdchen und Tintenfische des französischen Dokumentarfilmers Jean Painlevé (1902–1989), der schon in den 1920er Jahren Unterwasserfilm-Aufnahmetechniken entwickelte. Es lohnt sich, zu Beginn der Vorführung da zu sein, die Kompilation folgt dem Muster der alten Lady, die zuerst eine Fliege, dann eine Spinne, dann einen Vogel etc. verschluckt. Und irgendwann dann auch Douglas Gordons Esel, die man keinesfalls versäumen darf! Der kleine Loop über eine Wespe, die im Spielzeughelikopter fliegt (eine hübsche Doppelung von gleichem Ton und gleicher Bewegung), läuft allerdings in der Galerie Loock. Dort findet sich eine ziemlich surreale Skulpturengruppe eines vergangenen Alltags, für die Peter Rösel historische Fernsehmöbel mit so sprechenden Namen wie „Tizian“, „Rembrandt“ oder „Leonardo“ für Videoprojektionen wie die genannte umgebaut hat. Derweil wurden im n.b.k. Löcher in die Decke zwischen den Büros im ersten Stock und Galerieraum im Erdgeschoss gebohrt, dort, wo sonst der Papierkorb steht. Jetzt fällt die entsorgte Korrespondenz durch das Loch nach unten und wird zum Ausstellungsmaterial. Lapidarere Interventionen als die Karin Sanders sind kaum vorstellbar.
■ Animal Kingdom, bis 3. 4., Fr+Sa 20, So 18 Uhr, Schinkel Pavillon, Oberwallstr. 1; Peter Rösel, bis 12. 3., Di–Sa 11–18 Uhr, Loock Galerie, Invalidenstr. 50 ■ Karin Sander, bis 1. Mai, Di–So 12–18, Do bis 20 Uhr; Do, 17. März, 19 Uhr Künstlergespräch, n.b.k., Chausseestr. 128/129
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen