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Chávez-Freund gegen Bananenmilliardär

In Ecuador ist der Ausgang der Stichwahl um die Präsidentschaft zwischen dem linken Hoffnungsträger Rafael Correa und dem reichen Unternehmer Álvaro Noboa am Sonntag völlig offen. Für das Land bedeutet das Ergebnis eine Richtungsentscheidung

VON GERHARD DILGER

Diesmal könnte es Álvaro Noboa schaffen. Am Sonntag steht der Bananenmilliardär zum dritten Mal in Folge in der Stichwahl um die ecuadorianische Präsidentschaft. In der Endphase des Wahlkampfs zog er noch einmal sämtliche Register seiner Überzeugungskünste: „Auf Knien bitte ich Gott, dass die Ecuadorianer Arbeit, Wohnungen, Gesundheit und Bildung haben sollen“, rief der feiste 56-Jährige immer wieder mit bebender Stimme. Seine Kundgebungen sollten einen Vorgeschmack auf die erhoffte Amtszeit vermitteln: Bei den Veranstaltungen verteilte er Medikamente, Geld und Rollstühle. 300.000 Sozialwohnungen im Jahr will er durch Auslandsanleihen finanzieren. Mit Mikrokrediten soll das Wachstum angekurbelt werden.

Mit einem geschätzten Vermögen von 1,2 Milliarden Dollar gilt der Herrscher über ein Imperium von 110 Firmen, der sich selbst als „Gesandter Gottes“ bezeichnet, als reichster Mann Ecuadors. Nach der ersten Wahlrunde vor sechs Wochen kam der Freihandelsfanatiker und Ronald-Reagan-Fan Noboa auf 26,8 Prozent und lag überraschend vier Punkte vor dem Hoffnungsträger der Linken Rafael Correa. „König des Bösen“ nennt ihn sein Gegner, weil der telegene Correa offen mit Venezuelas Präsident Hugo Chávez sympathisiert.

„Chávez ist mein Freund, was ist das Problem?“, fragte Correa vorgestern. „Bush ist der Freund der Familie Bin Laden, jeder kann sich die Freunde aussuchen, die er will.“ Dann beklagte er sich: „Sie haben die schmutzigste und unmoralischste Kampgne gegen mich geführt und mich als Kommunisten, Terroristen und Chavisten bezeichnet“, geißelte Correa seine Gegner.

Dabei stand der „christliche Marxist“ Correa in puncto Show seinem Kontrahenten kaum nach. Auch er rief auf Knien Gott um Erleuchtung an, der korrupten und diskreditierten Politikerkaste verhieß er mit einem Ledergürtel Vergeltung. Auch er versprach Mikrokredite und Sozialwohnungen – allerdings „nur“ 100.000 pro Jahr. Und unermüdlich verwies er auf die notorisch schlechten Arbeitsbedingungen auf Noboas Bananenplantagen, in denen auch Kinderarbeit nachgewiesen wurde.

Mit Blick auf mögliche WechselwählerInnen vermied Correa in den letzten Wochen Verbalradikalismus: „Ich bin ein Mann der modernen Linken, einer Linken, der es nie einfallen wird, die Produktionsmittel zu verstaatlichen“, sagte er. „Ich werde sie demokratisieren.“

Trotz dieser Rhetorik steht Correa Boliviens Evo Morales deutlich näher als Perus Alan García. Das zeigt etwa sein Plädoyer für eine „staatsbetonte und nationalistische“ Energiepolitik: „Das Erdöl ist eine Ressource des ecuadorianischen Volkes – warum sollten wir diesen Reichtum an Private verteilen?“ Schließlich würde ein Freihandelsabkommen mit den USA, wie es Noboa favorisiert, 400.000 Bauernfamilien in den Ruin treiben, sagt Correa voraus.

Während Correa von Indígena-Organisationen und den Sozialdemokraten der „Demokratischen Linken“ unterstützt wird, konnte Noboa das rechte Spektrum um sich scharen. Der Ausgang der Wahl ist völlig offen.

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