: Ein Doppeljahrgang ist nicht drin
STUDENTENZAHLEN Wenn die Bremer Hochschulen den erwarteten Ansturm des „doppelten Abiturjahrganges“ bewältigen sollen, brauchen sie mehr Geld
Nicht nur in Bremen, auch in Baden-Württemberg, Berlin und Brandenburg stehen im Jahre 2012 die „doppelten Abiturjahrgänge“ vor den Toren der Hochschulen. Zu denen, die nach 13 Jahren ihr Abi machen, gesellen sich jene mit den neuem, auf 12 Jahre verkürztem Curriculum. In Bremen machen jedes Jahr rund 3.500 SchülerInnen Abitur, es gibt also theoretisch rund 3.000 Studienwillige mehr. Hinzu muss man die rechnen, die aus dem Zivil- oder Wehrdienst zurückkommen – aufgrund der Bundeswehr-Reform wird von den neuen Abi-Jahrgängen niemand mehr verpflichtet. Gestern berichteten die fünf Rektoren der Bremer Hochschulen auf einer Landespressekonferenz, wie sie sich auf den Ansturm vorbereiten können.
2011 wird es mehr als 2.800 Abiturienten in Bremen geben, für 2012 rechnet die Wissenschaftsbehörde mit gut 3.900. Dazu kommen zusätzliche 400 Jugendliche mit Studienberechtigung wegen der Reform des Wehrdienstes. Dem stehen jedes Jahr 6.000 bis 7.000 Plätze für StudienanfängerInnen gegenüber. Das bedeutet: Bremen bildet auch für andere Länder aus. Im Grunde macht das jede Universitätsstadt. 2012 werden aber nach den bisherigen Planungen nicht einmal 1.000 Studienplätze zusätzlich für Erstsemester eingerichtet. Das reicht gerade für die bremischen Abiturientinnen. Und nach dem Beschluss über die Bundeswehr-Reform ist die Zahl bislang auch nicht nach oben korrigiert worden.
Man rechnet nach den Hamburger Erfahrungen mit dem Doppeljahrgang 2010 damit, dass von dem zusätzlichen Jahrgang eine geringere Quote als üblich in die Hochschulen strömt. Die AbiturientInnen sind jünger, man weiß noch nicht, wie sich das auf die Studienpläne auswirkt, erklärte der Rektor der Uni, Wilfried Müller. Sein Problem ist vor allem: Für zusätzliche Plätze für Studienanfänger bekommt jede Hochschule aus dem „Hochschulpakt“ 10.000 Euro an Bundesmitteln. Für die Finanzierung eines Studiums braucht eine Hochschule aber im Durchschnitt zwei- bis dreimal soviel. Der Hochschulpakt geht davon aus, dass der Rest über die „Grundfinanzierung“ von den zuständigen Bundesländern kommt.
Angesichts der Haushaltslage rechnet Müller aber nicht mit einer Erhöhung der Mittel für die wissenschaftlichen Einrichtungen. „Wir sind alle Realisten“, sagt er, „mehr ist nicht drinne.“ Abgesehen natürlich von den „Tarifeffekten“, die allein für die Universität rund 2,5 Millionen Euro jedes Jahr bedeuten. Er kämpft dafür, dass der Hochschuletat nicht gekürzt wird bei den Haushaltsberatungen, die nach der Wahl stattfinden werden und über die derzeit niemand Klartext redet.
So blieb den versammelten Hochschul-Rektoren nichts als die allgemeine Bedeutung ihrer Institutionen für das Land Bremen herauszustreichen. kawe
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