VERLIEREN UND FINDEN: Schon mal passiert
Ein Geräusch beim Fahrradfahren in der Nacht – in der Stresemannstraße, gleich beim Willy-Brandt-Haus – wird mein Füller gewesen sein. Ich hatte etwas wie Klacken gehört, den Bruchteil einer Sekunde überlegt und war weitergefahren. Erst am nächsten Tag bemerkte ich den Verlust. Vielleicht hatte ich den Füller auch im Kino verloren, doch das Fundbüro im CinemaXX wusste von nichts.
Vor fünf Jahren im Frühjahr war das Gleiche geschehen. Beim zweiten Mal tut’s nicht mehr weh? Dafür sprach, dass mich der Verlust des Füllers diesmal nicht so frustrierte wie vor fünf Jahren, als dem Verlust des Füllers in wenigen Wochen schwerwiegendere Verluste gefolgt waren.
Am nächsten Abend dann war mein Zippo weg. Auch dazu gab es eine seltsame Parallelgeschichte, die in Helsinki gespielt und von Feuer gehandelt hatte. Es beunruhigte mich, dass ich in wenigen Tagen nach Finnland fahren würde; es beunruhigte mich, dass ich wie vor fünf Jahren in Geldschwierigkeiten steckte. Leicht variiert, wie ein musikalisches Motiv, schien sich die gegenwärtige Konstellation einer vergangenen anähneln zu wollen. Mich machte das wahnsinnig; ich mochte nicht darüber nachdenken. Ich hatte auch keine Lust, das Zippo weiter zu suchen, und ging schlafen.
Am nächsten Morgen fand ich das Zippo gleich wieder; es war nur in die Ritze des Sofas gerutscht. Dann kaufte ich einen „Slider-X3“-Viscogelstift für 3,50 Euro, der trotzdem gut schrieb. Der Bankomat gab bekannt, dass ich meinen Dispo doch noch nicht überzogen hatte, und nahm die Mietüberweisung dankend an.
In der taz-Kantine gab’s endlich mal Schaschlik mit Pommes und Ketchup, und am Abend guckte ich einen schönen koreanischen Film, den ich vor fünf Jahren bei der Berlinale verpasst hatte: „I’m a Cyborg, but that’s okay“. DETLEF KUHLBRODT
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