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Eon boxt sich durch

Energieriese Eon lässt sein neues Kraftwerk in Datteln mit rüden Methoden verteidigen. Wegen Handgreiflichkeiten liegen gegen die beauftragte Sicherheitsfirma schon zwei Anzeigen vor

„Die Baustelle wird in Zukunft eingezäunt, um die Grenzen deutlich zu machen“

VON MORITZ SCHRÖDER

Seine neuen Anlagen behütet der Düsseldorfer Energiekonzern Eon besonders gut – und notfalls auch mit Fäusten. Bereits am Samstag wurde der Umweltschützer Norbert Hiedl, Mitglied des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND), auf der Baustelle des geplanten Steinkohlekraftwerks in Datteln von einem Sicherheitsmann angegriffen. Als Hiedl gegen die Bauarbeiten protestierte, packte ihn ein Mitarbeiter des Sicherheitsunternehmens Kötter Security am Kragen, beschimpfte ihn und versuchte ihn zu schlagen. Gegen den Täter wurde Strafanzeige erstattet. Eon sieht sich mit Vorwürfen konfrontiert, seinen umstrittenen Neubau mit harten Bandagen gegen Proteste zu verteidigen. BUND-Sprecher Dirk Jansen vermutet: „Die Sicherheitsleute hatten Verhaltensanweisungen von Eon.“

Grund für die Aktion der UmweltschützerInnen war die Arbeit von Baggern und Planierraupen auf dem Dattelner Gelände. Der BUND hatte am vergangenen Freitag per Eilantrag vor dem Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einen vorläufigen Baustopp für einen Teil der Fläche erwirkt, um die Zerstörung von mehr als 60 Hektar Naturfläche nochmals überprüfen zu lassen. Trotzdem wurde dort weiter gearbeitet, so der BUND. Eon selbst beteuert, es sei nach Freitag nur auf dem noch freigegebenen Gebiet gearbeitet worden.

Ob gebaggert wurde oder nicht, die Sicherheitsleute des Essener Unternehmens Kötter Services waren die ganze Zeit über vor Ort und gingen auch nach dem Vorfall am Samstag nicht zimperlich mit PassantInnen um. Bereits am Tag darauf wurde erneut einer der Wachleute handgreiflich. Als ein Mann mit seinem Fahrrad auf das Baugelände fuhr, griff ihn ein Mitarbeiter an und trat gegen sein Fahrrad, das seitdem beschädigt ist: Die zweite Strafanzeige gegen einen Kötter-Angestellten.

Zu den brutalen Aktionen der Wachleute sagt Eon-Sprecher Clemens Tauber lediglich: „Die Vorfälle sind bedauerlich und werden geprüft. Wir stehen aber dennoch hinter dem Sicherheitsdienst.“ Kötter übernimmt häufig Dienste für Eon und möchte selbst keine Stellung zu den Vorfällen nehmen. Große Konsequenzen zieht aber auch der Auftraggeber nicht: „Die Sicherheitsleute wurden nach den Vorfällen gebrieft“ – und seien weiterhin im Einsatz, sagt Ulrich Krause, Eon-Sprecher für den Kraftwerksneubau. „Letztendlich haben sie ja ihren Job gemacht.“ Wenn es Bedarf gebe, werde der Schaden am Fahrrad ersetzt. Clemens Tauber von Eon-Kraftwerke kündigt an, die Baustelle werde in Zukunft komplett mit einem Zaun abgesperrt, „um die Grenzen für Außenstehende besser deutlich zu machen.“

Dem 58-jährigen Opfer Norbert Hiedl ist das zu wenig: „Die Wachleute müssen abgezogen werden.“ Bisher habe sich nur ein am Übergriff unbeteiligter Wachmann bei ihm entschuldigt. „Ich habe das Gefühl, dass Eon das Wachpersonal gezielt auf Kraftwerkskritiker heiß macht“, empört sich Hiedl. Ulrich Krause von Eon bestreitet das: „Die Personen sollen nur absichern. Wie die ihren Job machen, darauf haben wir nur geringen Einfluss.“

Der Streit um den Kraftwerksbau ging gestern vor Gericht weiter. Vor dem OVG in Münster fand die Anhörung über den Antrag des BUND statt, die Rodungen von Eon komplett zu stoppen. Bis Redaktionsschluss gab es keine Entscheidung.

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