: Das Sanierungsdilemma
WOHNEN Die BewohnerInnen der Bleicherstraße 26 klagen über den schlechten Zustand der Gebäude. Gleichzeitig befürchten sie aber steigende Mieten bei einem geplanten Umbau des Hauses
Schlechter Brandschutz, marode Balkone, fehlerhafte Elektrik: Die Mängelliste der MieterInnen in der Bleicherstraße 26 auf St. Pauli ist lang. Für manche ist ein normaler Alltag kaum noch möglich. „Wenn ich staubsaugen will, müssen alle Geräte in der Wohnung ausgeschaltet sein, sonst gibt es einen Kurzschluss“, sagt ein Bewohner.
Andere MieterInnen haben Probleme ihre Wohnungen zu erreichen. Obwohl gehbehinderte Menschen im Haus leben, ist der Aufzug seit sieben Jahren defekt, der Schacht sogar zugemauert. Die Bauprüfabteilung hat das Gebäude bereits begutachtet und den Einbau von Feuerschutztüren und eine Instandsetzung der Balkone verordnet. „Es müsste aber eigentlich grundsaniert werden“, sagt ein Bewohner. Seit sieben Jahren werde er vertröstet.
Eine andere Bewohnerin fühlt sich gar an die Esso Häuser erinnert: „Was passiert, wenn man ein Gebäude so vernachlässigt, sieht man ja nebenan“, sagt sie. Diese mussten aufgrund des schlechten Zustandes im Dezember evakuiert werden und sind inzwischen abgerissen worden.
Die Hausverwaltung sieht dagegen eine Teilschuld für den schlechten Zustand des Gebäudes bei den MieterInnen selbst: „Es vergeht leider keine Woche, in der nicht irgendwelche neuen Beschädigungen im Treppenhaus, an der Haustür oder an der Briefkastenanlage gemeldet werden“, sagt Dörthe Jahnke von der Hausverwaltung.
Der Eigentümer, Immobilienmakler Eckart von Seydlitz, hat für die Bleicherstraße 26 aber andere Pläne: Das Gebäude soll um eine Etage aufgestockt werden, damit hier studentisches Wohnen entstehen kann. Dies lehnt der zuständige Sanierungsbeirat Wohlwillstraße ab, weil die bisherigen MieterInnen so verdrängt werden, so die Befürchtung. Außerdem würden nach der geplanten Aufstockung und Sanierung die Mieten steigen.
Laut Jahnke ist die Aufstockung aber Voraussetzung für die Sanierung der Wohnungen, die ansonsten nicht wirtschaftlich sei. Die Baugenehmigung liegt Jahnke zufolge inzwischen vor, sodass im kommenden Frühjahr mit den Bauarbeiten begonnen werden kann.
„Wir hoffen entsprechend der Planungen ein neues Wohnklima zu schaffen“, sagt Jahnke. Einige der Mängel sollen im Zuge der Bauarbeiten behoben werden. Auch der Aufzug solle dann wieder funktionieren. DOMINIK BRÜCK
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