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Blutige Kartoffeln

Ein dickes Ding wird lang und länger oder: Die Schau einer Uefa-Cup-Partie im Radio am Herd

Die Kartoffeln sind zu schneiden. Und Werder spielt Uefa-Cup. Das wäre, im Normalfall, eine Interessenskollision. Für mich. Weil Kartoffelschnippeln ist mein Job. Und Werder gucken auch.

Die Kartoffeln haben Glück: Celta de Vigo, das ist der Gegner von Werder Bremen. Und das Match, muss man wissen, wird in Spanien gespielt, weshalb Celta für die Fernsehrechte zuständig war und – naja. Vielleicht hatten sie zu hoch gepokert. Es hat jedenfalls kein deutscher Sender das Spiel übertragen. Außer Radio Bremen. Aber nicht per Glotze, sondern im Rundfunk, und die zahlen nix. Wegen der eigenschöpferischen Leistung.

Eigenschöpferisch klingt ambitioniert und intellektuell und irgendwie nach Kultur. Und zurecht. Es ist nämlich so: Das Radio steht am Herd und erzeugt Bilder. Anders als das Fernsehen, das sie ausstrahlt. Und völlig andere. Surrealer, visionär: Nichts ist da, wie es ist und gar nichts, wie erwartet. Zum Beispiel der Ball: In der 19. Minute wird der, so hat es der Reporter geschaut, „länger und länger“ und dann habe er selbst „ihn schon drin gesehen“. Eine Sinnestäuschung? Oder hätte die Heimmannschaft ein elastisches Exemplar bereitgelegt? Dafür spricht, dass später Ball und Möglichkeit zum dicken Ding verschmelzen.

Auch die Spieler erfasst der Zauber der Verfremdung: „Er hat“, heißt es an einer Stelle über Stürmer Aaron Hunt, „keinen rechten Fuß. Er hat den rechten Fuß nicht“. Dramatisch. In der Küche blutet ein Finger. Aber die paar Kartoffeln sind schnell aussortiert. Bremen siegt 1:0 BES

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