piwik no script img

Sparen macht Abwasser teurer

129 Euro zahlt jeder Haushalt derzeit für die Entsorgung seines benutzten Wassers

BERLIN taz ■ Dreckiges Wasser ist in Deutschland wieder teurer geworden. 129 Euro hat jeder Bürger im Schnitt für Abtransport und Reinigung seines Wassers im Jahr 2005 ausgegeben, 1,4 Prozent mehr als im Jahr davor. Für die Wasserwirtschaft ist das ein verbraucherfreundliches Ergebnis. Immerhin liege man damit deutlich unter der Inflationsrate des vorletzten Jahres, sagte Johannes Lohaus, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall, bei der Vorstellung der aktuellen Zahlen gestern in Berlin.

Allerdings: Seit den 90er-Jahren sind die Abwassergebühren deutlich gestiegen. Besonders krass zeigt sich das in Berlin, wo im Laufe des letzten Jahrzehnts die Tarife im Westen um 240 Prozent stiegen, im Ostteil der Stadt sogar um rund 1.000 Prozent, wie Jörg Simon, Chef der Berliner Wasserbetriebe, einräumt. In dieser Zeit seien aber auch 6,4 Milliarden Euro in das marode Netz investiert worden. Die Bürger reagierten darauf, indem sie weniger Wasser verbrauchten. So halbierte sich im Ostteil der durschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch auf knapp 100 Liter pro Tag. Bundesweit liegt der Schnitt bei knapp 130 Liter, 1990 waren es noch 17 Liter mehr.

Das entlastet zwar kurzfristig die eigene Rechnung, liefert der Wasserwirtschaft aber auch die Begründung für steigende Gebühren. Denn weil weniger Wasser durch die Kanäle fließt, müssen diese öfter gereinigt werden. Zudem seien bis zu 85 Prozent der Gebühren Fixkosten, die unabhängig vom Wasserverbrauch gezahlt werden müssen. Der Wasserverbrauch liege auf einem so niedrigen Niveau, dass „aus betrieblicher Sicht nach untern kaum noch Spielräume seien“, heißt es in einem Branchenreport.

Für Björn Rickert, Umweltreferent bei der Verbraucherzentrale NRW, ist dies allerdings kein Grund, wieder mehr Wasser zu verbrauchen. Vielmehr sollten die Unternehmen bei der Renovierung ihres Netzes den geringeren Verbrauch und die künftige demografische Entwicklung berücksichtigen. Dies könne zum Beispiel durch den Einbau kleinerer Röhren in bestehende Kanäle geschehen.

Skeptisch zeigt sich Rickert auch mit Blick auf die Preiskalkulation vieler Wasserbetriebe. „Das ist häufig ein Buch mit sieben Siegeln.“ Es sei nicht immer klar, ob die Kommunen die Einnahmen aus dem Wassergeschäft tatsächlich wie gesetzlich vorgeschrieben wieder komplett in die Netze reinvestieren oder andere Bereiche querfinanzieren. Zudem bemängelt er, dass zu wenig unterschieden werde zwischen Abwässern von Industrie oder anderen Gewerbebetrieben und Privathaushalten. „Die Abwässer der Unternehmen sind oft deutlich höher belastet, das schlägt sich in der Gebühr aber nicht nieder“, sagt Rickert.

STEPHAN KOSCH

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen