rag börsengang: Flucht nach vorn
Werner Müller lässt keinen Zweifel daran, wer der Herr im Hause ist. Einen Börsengang der RAG kann und wird es nur mit ihm geben – und natürlich nur unter seinen Vorzeichen. Wenn es um die geplante Steinkohle-Stiftung und die neue RAG geht, lässt sich der mächtige Manager nicht von seinem Kurs abbringen. Politischer Kontrolle und Einflussnahme erteilte er gestern ein klare Absage. Nicht die Politik, nein „der Kapitalmarkt wartet auf uns“, sagt Müller kämpferisch. Anleger warten auf die derzeitige NewCo, auf die neue RAG – wie immer sie auch heißen mag. Und eines wird sie mit Sicherheit nicht sein: ein quasi verstaatlichter Konzern.
KOMMENTAR VON HOLGER PAULER
Zumindest so lange Müller das Sagen hat. Und dass er weder Lust hat, sein Amt als RAG-Chef noch seine Ambitionen als Stiftungsvorstand ruhen zu lassen, machte er gestern deutlich. Ohne Namen zu nennen, wandte er sich gegen staatliche Regulierer und schwarzgelbe Börsenflüsterer, die das ganze Konstrukt gefährdeten. Jeder wusste, wer gemeint war. Gleichzeitig dementierte Müller öffentlich jeglichen Streit mit der Landesregierung. Getreu dem Motto: Warum soll man sich streiten, wenn man sich eh nichts zu sagen hat. Vor allem dann, wenn die Fakten seit Monaten allgemein bekannt sind. Zu Gerüchten, gleich welcher Art, nimmt er aus Prinzip keine Stellung. Der Mann hält sich an die Tatsachen und lässt Medien wie Politik auflaufen.
Müllers Auftritt war eine kalkulierte Flucht nach vorn. Zumal das Zeitfenster immer kleiner wird. Nicht für den Börsengang. Der wird eh kommen. Die Anlieger warten nur darauf. Müller warnte davor, die Mitarbeiter seines Konzerns in eine ungewisse Zukunft zu entlassen. Politik und Wirtschaft hätten die Verpflichtung, ein Scheitern der Stiftung zu verhindern. „Mein persönliches Überleben hängt von dieser Frage nicht ab“, sagte er. Die Aussage sollte Zurückhaltung ausdrücken. Sie klang aber wie eine Drohung.
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