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LESERINNENBRIEFE

Armutszeugnis

■ betr.: „Inklusion wird behindert“, „Am Ende ihrer Kräfte“, taz vom 8./9. 9. 14

„Den Zustand einer Gesellschaft erkennt man daran, wie sie mit ihren schwachen Mitgliedern umgeht.“ Flüchtlinge auf dem Dach aushungern und verdursten lassen, Kinder und deren Familien mit besonderem Unterstützungsbedarf die SchulhelferInnen wegkürzen. Ein unsexy Armutszeugnis für BERlin. Hallo, Selbstrespekt!? JUDITH POLTERAUER, Berlin

Falsch Zeugnis

■ betr.: „Die haben mich beeindruckt“, taz.de vom 8. 9. 14

„Ich finde, dass wir weitere Flüchtlinge aufnehmen müssen, wenn sie es bis zu uns schaffen“ (Volker Kauder, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion).

Wenn er es ernst meinen würde, sollte es doch wohl überhaupt kein Problem sein, die Flüchtlinge aus dem Kirchenasyl aufzunehmen. Wahrscheinlich meinte er damit aber nur, dass man jetzt vor allem verhindern muss, dass es Flüchtlinge bis hin zu uns schaffen. Die Flüchtlinge kamen hierher in gutem Glauben an ein uraltes Bibelwort: „Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.“

Lieber Herr Pfarrer Storck, bitte sagen Sie Ihrer Gemeinde unmissverständlich, dass es niemals christlich sein kann, Parteien in eine Regierung zu wählen, deren Mitglieder von morgens bis abends falsch Zeugnis reden. RAINER B., taz.de

Lehrreiche Ausstellung

■ betr.: „ ‚Körperwelten‘-Eröffnung ist weiter unsicher“, taz vom 4. 9. 14

Als ehemaliger Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Wirtschaft und damals unter anderem für Messewesen und Ausstellungen zuständig, las ich diesen Bericht mit Verwunderung.

Die Ausstellung „Körperwelten“ hat hat bereits dreimal in Berlin stattgefunden. Die Argumente, die heute der Bezirk Berlin-Mitte gegen die Ausstellung beziehungsweise das geplante Museum heranzieht, sind die gleichen wie seinerzeit. Sie waren letztlich nicht stichhaltig Auch die Berliner Bestatterinnung sprach sich damals nicht gegen die Ausstellung aus, und so konnte sie stattfinden – befürwortet von der Senatsverwaltung für Wirtschaft, die bei der Vermittlung eines geeigneten Ausstellungsortes behilflich war, und in Abstimmung mit der Senatskanzlei, von der zunächst juristische Bedenken kamen. Die positive Haltung des Landes zu dieser Ausstellung war letztlich auch ein Teil des Standortmarketings: Berlin als interessante, weltoffene, innovative und tolerante Stadt.

Schon die erste Ausstellung wurde, mit über einer Million Besuchern, zu einem überwältigenden Erfolg. Darunter unzählige Schulklassen, die hier mehr über ihren Körper lernten als im Biologie-Unterricht. Gegen Ende der Ausstellung musste sie sogar für 24 Stunden, rund um die Uhr, geöffnet werden. So groß war das Interesse.

Die Ausstellung hat inzwischen national und international höchste Auszeichnungen erhalten. Die Juroren hierfür waren stets kompetente Fachleute aus der Medizin, der Gesundheitspolitik und den Medien. Und nun kommt eine Berliner Bezirksverwaltung daher und will Berlin, das sich so gerne als weltoffene Stadt sieht, zur Provinzstadt machen. Was ist das für eine Politik in dieser Stadt? Hier spielt ein Bezirk den Sittenwächter und fällt der Landespolitik in den Rücken, mit alten Argumenten, die längst widerlegt sind.

Wo ist denn hier angeblich die öffentliche Ordnung gefährdet? Die Ausstellung bzw. das geplante Museum ist zwar für jeden zugänglich, aber nur gegen Eintritt. Die aus Sicht des Bezirks pietätlosen Ausstellungstücke sieht also nur der, der sie sehen will. Ich habe sie mehrfach erlebt und gestehe, dass ich die Ausstellung das erste Mal mit Herzklopfen betrat; aber was ich da sah und erlebte, hat mich sehr ernsthaft und nachdenklich gemacht, und ich bin um vieles klüger wieder gegangen. Wer die hier gezeigten Exponate betrachtet, erkennt, was für ein Wunderwerk der Schöpfung der menschliche Körper ist. Wenn man hier zum Beispiel die Lunge eines Rauchers und eines Nichtrauchers sieht, dann ist man wohl eher bereit, auf seinen Körper mehr Rücksicht zu nehmen. Ich bin sicher, dass so mancher Arzt und sicher auch viele Krankenkassen den Besuch der Ausstellung empfehlen, um damit mehr zu erreichen als den von der Politik geforderten Aufdruck auf Zigarettenschachteln, wonach Rauchen tödlich sein kann.

Ich meine, dass es in unserer heutigen, hoffentlich aufgeklärten und demokratischen Gesellschaft keiner staatlichen Stelle zusteht, mir wertvolle Informationen und aufgeklärtes Wissen vorzuenthalten bzw. sie nur einem privilegierten Publikum zuzugestehen. REINER JÄCK, Berlin

Lächerliches Urteil

■ betr.: „Brandanschlag auf Flüchtlingsheim. Zwei Männer verurteilt“, taz.de vom 10. 9. 14

Lächerliches Urteil! Normalerweise wäre das Brandstiftung, und da die beiden gewusst haben, dass da Menschen drin sind, versuchter Mord (Heimtücke). BERND NICHT, taz.de

Wenig amüsiert

■ betr.: „Wahl in Brandenburg. Auseinandergelebt“, taz.de vom 7. 9. 14

Es ist wenig amüsierend, wenn man als steuerzahlender Bürger sieht, wie viele überflüssige Landesparlamentarier, Landesminister und Landesministerpräsidenten alimentiert werden. Die Landesparlamente haben inzwischen fast keine gesetzgeberische Kompetenz mehr und müssen nur das umsetzen, was von der EU und dem Bund vorgegeben wird. Da aber alle Parteien davon profitieren, dass sie ihre zweite und dritte Mannschaft auf Kosten des Steuerzahlers beschäftigen, wird sich nichts ändern. Mir würden fünf Bundesländer ausreichen. GESUNDER MENSCHENVERSTAND, taz.de

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