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Schafft zwei, drei, viele Oranienplätze

FLÜCHTLINGE BESETZEN

Klar: Einfach ist das nicht, wenn plötzlich 30, 40 oder 100 Leute in der Tür stehen

Hat das denn nie ein Ende? Diese Frage werden sich vermutlich einige Berliner und Berlininnen gestellt haben, als sie von der Besetzung der Thomas-Kirche durch Flüchtlinge am Donnerstagabend erfahren haben. Nicht einmal eine Woche nachdem die Dachbesetzer aus der Gürtelstraße halb verhungert und verdurstet aufgeben mussten, ist das nächste Haus in der Hand von Menschen, die in Berlin keinen legalen Aufenthalt bekommen. Ob es uns passt oder nicht: Die Oranienplatz-Bewegung ist tatsächlich nicht am Ende – und es wird sie auch nach dieser Besetzung noch geben, wenn sich die Politik nicht ändert.

Zunächst schien die Strategie des Senats ja aufzugehen: Oranienplatz dichtmachen, die Leute auf verschiedene Heime verteilen. Aus einer Bewegung mit politischen Forderungen machte man so Einzelpersonen, die nur noch auf ihre Anhörung und fast garantierte Ablehnung der Ausländerbehörde zu warten hatten. Über 140 Leute mussten die Heime bereits verlassen, Woche für Woche kommen neue dazu. Nur: Berlin wird die Leute trotzdem nicht los, sie bleiben fast alle, nun eben obdachlos, auf private Unterstützung angewiesen.

Mit den Besetzungen erinnern die Flüchtlinge daran, dass dies nicht die Abmachung ist, die sie mit dem Senat haben. Der hat ihnen zumindest zugesagt, gesetzliche Spielräume zur Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen nutzen zu wollen. Genau darauf pochen sie jetzt.

Bei der evangelischen Kirche sind sie da an der goldrichtigen Adresse. Die Kritik an der deutschen und EU-Asylpolitik teilt man dort weitestgehend – und auch in den Berliner Auseinandersetzungen der letzten Monate haben Kirchenvertreter stets auf Seiten der Flüchtlinge gestanden. Freilich bringt die Besetzung am Bethanien die Gemeindemitglieder in Bedrängnis: Einfach ist das nicht, wenn plötzlich 30, 40 oder 100 Leute in der Tür stehen und versorgt werden wollen. Da ist praktische Nächstenliebe gefragt und Improvisationstalent. Vielleicht finden sich ja auch ein paar Gemeinden jenseits von Kreuzberg, die – wenigstens für ein paar Wochen – die obdachlosen Flüchtlinge aufnehmen?

Diese wiederum sollten sich ruhig weiterhin in der Stadt nach potenziellen Gastgebern umschauen. Ob es nicht auch in den muslimischen Gemeinden Möglichkeiten gibt, Solidarität zu beweisen? Frei nach dem Motto: Schafft ein, zwei, viele Oranienplätze! SUSANNE MEMARNIA

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