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KURZKRITIK: HENNING BLEYL ÜBER INTERDISZIPLINÄRE PERFORMANCESDie Teile und das Ganze

Die Kunst der Andeutung und die Kunst des Anschlags haben mehr miteinander gemein, als man vermuten könnte. Doch wenn ein Maler des Symbolismus wie Lucien Lévy-Dhurmer in seinem vagen pointillistischen Stil ein Bild namens „Mondscheinsonate“ auf die Leinwand bringt – dann ist das für einen Pianisten wie Mikayel Balyan geradezu eine Einladung zu antworten. Das Bindeglied zwischen diesen beiden Künstlern heißt Beethoven.

Interdisziplinäre Ansätze wie gestern in der Kunsthalle, wo sich Lévy-Dhurmers Gemälde und Beethovens gleichnamige Sonate unter Balyans Händen am historischen Hammerklavier zu einer bi-polaren Performance vereinigten, gehören zu den kreativen Höhepunkten des Musikfestes. Allerdings – und naturgemäß – gelingen sie nicht immer. Denn: Wer wollte in der „Glocke“ wirklich Udo Samel zuhören, als er Diversestes von Goethe rezitierte, mit Betonung auf Diversestes – wo doch neben ihm Christoph Prégardien auf der Bühne saß, der auf seinen nächsten Gesangseinsatz wartete? Das Bindeglied zwischen Burg-Schauspieler und Spitzen-Tenor hieß Goethe – doch den brachte Samel noch nicht einmal akustisch auskömmlich über den Bühnenrand.

Ergab die Kombination des gesprochenen Goethetextes mit dessen gesungener Variante wenigstens einen erkenntnistheoretischen Mehrwert, wo schon der ästhetische ausblieb? Kaum. Doch immerhin dienten Samels Einlassungen als Pausenfüller, in denen man sich auf das Wiedererklingen von Prégardiens unglaublich wohl geführter, obertonreicher und klarer Stimme freuen konnte. Positiv gewendet: Gerade eine interdisziplinäre Performance lebt von Spannungsbögen.

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