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PUTIN SETZT IM KAMPF GEGEN DIE OPPOSITION AUF NACKTE STAATSGEWALTEin lupenreiner Autokrat

Dass in der gelenkten Demokratie von Wladimir Putin offener Widerstand gegen das Regime rigoros unterdrückt wird, ist nicht neu. Bekannt sind mittlerweile auch die Methoden: Regierungskritische Demonstrationen bekommen keine Genehmigung und werden, wenn sie stattfinden, gewaltsam aufgelöst. Teilnehmer werden festgenommen und im besten Fall nur zu Geldstrafen verurteilt. Journalisten werden an der Berichterstattung gehindert, so sie es überhaupt versuchen.

Und doch: Was sich am vergangenen Sonnabend bei einer Demonstration von Putin-Gegnern in Moskau abspielte, hatte auch für russische Verhältnisse eine neue Qualität. Völlig enthemmt wirkende Sicherheitskräfte prügelten auf Teilnehmer der Kundgebung, aber auch auf unbeteiligte Passanten ein. Dutzende Festgenommene wurden wie Vieh in Mannschaftswagen verladen. Das Vorgehen machte deutlich: Menschen und ihre Rechte werden in Russland buchstäblich mit Füßen getreten.

Ein Regime, das zu solchen repressiven Maßnahmen greift und sich damit nachdrücklich diskreditiert, hat offensichtlich Angst. Was Putin und sein Gefolge angeht, fragt sich jedoch: wovor eigentlich? Die kommenden Parlaments- und Präsidentenwahlen sind schon jetzt im Sinne einer Aufrechterhaltung des Status quo entschieden und brauchten deshalb gar nicht mehr abgehalten zu werden. Die Mehrheit der Russen hat resigniert und „wählt“ lieber einen Autokratismus à la Putin als eine demokratische, aber vielleicht unsichere Zukunft. Auch Druck aus dem Westen hat Putin nicht zu befürchten. Angesichts florierender Wirtschaftsbeziehungen sind Menschenrechtsverletzungen hier bei den politisch Verantwortlichen schon lange nur noch ein Randthema.

Dennoch wird der Kampf des Regimes gegen das „andere Russland“ mit unverminderter Härte weitergehen – zumal dessen Protagonisten im Moment keine Anstalten machen, klein beizugeben. Auf Unterstützung von außen brauchen sie dabei nicht zu hoffen. „Sagt euren Regierungschefs, dass wir in einem Polizeistaat leben“, rief der Oppositionspolitiker Garri Kasparow ausländischen Journalisten zu. Auch dieser Ruf dürfte wieder ungehört verhallen. BARBARA OERTEL

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