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Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Finstere Mächte werfen ihre Schatten auf die Spielpläne dieser Woche. Da wäre der Staatssicherheitsdienst der untergegangenen DDR. Statt die Energien in den Aufbau einer sozialistischen Gesellschaft zu stecken, hat er sinnlos Tausende von Aktenkilometern produziert, in denen Informationen über die Bürger des Landes gesammelt wurden. Was das Vertrauen in den Staat derart unterhöhlte, dass er am Ende einfach in sich zusammenfiel. Das Kollektiv Rimini-Protokoll hat für sein Projekt „50 Aktenkilometer“ rund um den Alexanderplatz nun ein begehbares Stasi-Hörspiel entwickelt. Dafür wurden etwa hundert Menschen befragt, die einst Objekt der Beobachtung waren. Deren Konfrontation mit der eigenen Überwachung sind das Audiomaterial, das den Teilnehmern am Projekt dann via Handy mit GPS-Ortung und Kopfhörern im Ohr aktiviert wird. Man läuft, hört, irgendwann lösen sich die Grenzen zwischen Beobachten und Beobachtetwerden auf. Wer’s am eigenen Leib erleben will, kann sich ab morgen 14.00 Uhr ein präpariertes Handy im ersten Stock des Fernsehturms am Alex leihen.

 Von den finsteren Mächten des Krieges befallen ist der Soldat Hasek, Protagonist einer amerikanischen Woyzeck-Variation des New Yorker Dramatikers Eric Henry Sanders mit Referenz auf aktuelle Kriege. Am Theater 89 hat am Freitag die deutsche Erstaufführung Premiere.

 Die Finsternis im Titel hat bereits das Schaubühnendebüt des Regisseurs Michael Thalheimer, der am Freitag Tolstois düstere Unterschichtsstudie „Die Macht der Finsternis“ herausbringt.

Gegen die finsterste aller Mächte, den Tod, hat in seinem letzten Lebensjahr Christoph Schlingensief bedeutende Theaterarbeiten gesetzt. Seine letzte Inszenierung „Via Intolleranza II“ beendet am Wochenende im Haus der Berliner Festspiele das Berliner Theatertreffen 2011.

■ 50 Aktenkilometer: HAU (Start Fernsehturm am Alex) 17.–22. 5.

■ Macht der Finsternis: Schaubühne, 21.–24. 5.

■ Haseks Heimkehr: Theater 89, 20., 21., 27.5.

■ Via Intolleranza II: Theatertreffen, 21./22./23. 5.

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