: „Bis heute ein wichtiges Instrument“
Noch bis Ende Mai zeigt die Menschenrechtsorganisation amnesty international in Hamburg Plakate ihrer Sektionen aus aller Welt. Ein Gespräch mit dem Organisator der Ausstellung „Menschen ohne Rechte/Menschen haben Rechte“, Henning Horns
HENNING HORNS, geboren 1958 in Flensburg, ist von Beruf Bankkaufmann und seit 1982 Mitglied bei amnesty international. Seit Februar 2006 ist er Bezirkssprecher für ai in Hamburg. FOTO: PRIVAT
taz: Herr Horns, Ihre Ausstellung zeigt 150 amnesty-international-Plakate aus aller Welt. Welche Rolle spielten und spielen Plakate denn für ai?
Henning Horns: Plakate waren in den letzten 40 Jahren ein wichtiges Instrument unserer Arbeit, sie sind es bis heute. Sie sind in diesem Umfang noch nie gezeigt worden. Natürlich wollten wir auch das Thema Menschenrechte und Menschenrechtsverletzungen insgesamt wieder in die Öffentlichkeit bringen, an die breite Bevölkerung, an die Schulen. In Hamburg hat es in den letzten 20 Jahren keine so umfangreiche Ausstellung zu diesem Thema gegeben.
Was ist das Besondere an ai-Postern?
Im Gegensatz zu Werbepostern behandeln wir schwierige Themen – Gewalt an Frauen, Folter, die Todesstrafe, Blutdiamanten. Wir wollen den Betrachter nicht nur informieren, sondern auch aktivieren, sich für die Menschenrechte einzusetzen. Ein ziemlich hoher Anspruch an ein Plakat. Es macht unser Anliegen greifbar. Entsprechend gestaltet jede ai-Ländersektion ihre Plakate selbst. Je nach Region und Kultur werden die Menschen grafisch so angesprochen, dass sie die jeweilige Thematik verstehen und sich dafür öffnen können – da sind die Unterschiede groß. Die Ausstellungsstücke aus Südamerika oder Asien sind im Vergleich viel farbenfroher oder auch brutal realistisch. Sie würden in der Form in Deutschland nicht funktionieren. Umgekehrt genauso: In der dänischen ai-Kampagne gegen Gewalt an Frauen wirken die Poster wie Modewerbung für H&M oder Tommy Hilfiger. Die blauen Flecken an Augen und Armen fallen erst bei näherer Betrachtung auf. Das sind im europäischen Sinne moderne Darstellungen, die in Pakistan allein wegen der nackten Arme nicht aufgehängt werden könnten.
Es gibt in der Ausstellung auch Poster großer Künstler zu sehen.
Ja, von Mirò oder Mordillo etwa. Genauso wichtig ist es aber auch, die weniger bekannten und unbenannten Gestalter zu würdigen.
Unbenannte Gestalter?
Es gibt Künstler und Grafiker, die am eigenen Leib, im eigenen Land Menschenrechtsverletzungen erfahren haben oder stark gefährdet sein könnten, würde ihr Name bekannt. ai-Aktivisten sind immer noch bevorzugte Opfer repressiver Staaten. Derzeit ist zum Beispiel die Frage, wann unser noch relativ neues Büro in Russland endgültig dicht gemacht wird: Unsere Arbeit wird dort ständig erschwert und untergraben. Auch in China ist kein ai-Büro möglich. Aber wir bearbeiten Menschenrechtsverletzungen grundsätzlich auch von außen. Schreiben an Bürgermeister Ole von Beust, wenn er die Hamburger Partnerstadt Schanghai besucht, er solle die massiven Menschenrechtsverletzungen ansprechen, und nicht nur – mit Dollarzeichen in den Augen – die Wirtschaft im Sinn haben.
Die Organisation für die aktuelle Ausstellung hat über zwei Jahre gedauert.
Stimmt. Wir haben alle ai-Sektionen weltweit kontaktiert und um Plakate gebeten. Auch gibt es ein umfangreiches Rahmenprogramm. Das größte Problem aber war, überhaupt einen Ausstellungsraum in Hamburg zu finden! Wir haben ein breites Spektrum an Museen angesprochen, und überall war die Reaktion negativ. Die Hamburger Museen haben offensichtlich wenig Interesse an politischen Ausstellungen. Dabei hat die Stadt Hamburg eine besondere Bedeutung für amnesty international: Inzwischen ist der ai-Hauptsitz Deutschlands zwar in Berlin. Doch nach der Gründung des Vereins 1961 in London entstand im selben Jahr die deutsche ai-Zentrale in einer Hamburger Wohnung (zu den ersten Gründungsmitgliedern gehörten unter anderem Carola Stern und Gerd Ruge, d. A.). Durch die 68er-Bewegung und die Verleihung des Friedensnobelpreises 1978 an ai bekamen wir in Hamburg einen wesentlichen Schub. Das Hamburger Büro war neben dem Hauptsitz in London ein wesentlicher Grundstein für das weltweite Wachsen des Vereins.INTERVIEW: ULRIKE KRAHNERT
bis 30. Mai, täglich 10 bis 18 Uhr an Bord der „Cap San Diego“, Überseebrücke, Hamburg