piwik no script img

Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Zwei Galerieausstellungen von Museumsqualität sind heute zu loben. Zunächst einmal Zeichnungen und Grafiken von Georg Baselitz bei Niels Borch Jensen. Die Galerie hat in Kopenhagen eine Druckwerkstatt; entsprechend sind viele, aber nicht alle der gezeigten Arbeiten bei Borch Jensen entstanden. Der Zyklus „Schlafende Hunde“ hat es mir besonders angetan. Das sind tolle Hunde, mit Charakter und Charme. Und der Künstler hat sie auch nicht, wie er es sonst mit seinen anderen Motiven gerne tut, auf den Kopf gestellt. Eher schweben sie, um 90 Grad gedreht, wie die Weltraumhündin Laika im Raum. „Bilder beißen nicht in die Wade wie der Hund. Aber etwas tun sie schon: sie können den Kopf verdrehen“, sagte Georg Baselitz 1997. Und das gilt unbestritten auch 2011, hier in Berlin, wo seine Radierungen, Holzschnitte und Zeichnungen wirken, als wären sie gerade gestern entstanden. Sie bestechen durch präzise Schärfe, in der handwerklichen Ausführung wie der zugrunde liegenden Ideen – und dazu bezwingen sie durch hinreißende Farben.

Seine Farben sind oft schrill. Aber so schräg wie die, die Thomas Hoepker auf seinen Fotografien zeigt, sind sie dann doch nicht. Für diese Farben musste man schon in die DDR reisen. Wie es der Altmeister des Fotojournalismus und Präsident der Agentur Magnum ( 2003–2007) tat, 1974, für den stern. In der Galerie Hiltawsky ist nun eine Auswahl seiner „DDR Ansichten“ zu bewundern. Halle-Neustadt, die noch ganz neuen Plattenbauten, eine bildfüllende Betonwand, davor eine Vitrine mit Honni-Bild. Und bunt. Rote Fahnen, knallblaue Trabbis, silberne Trägerraketen, schwarze Punks. Hoepkers Treffer sind eher unauffällig, aber sie gelingen ihm in jeder Situation, bei Biermann, den Funktionären, der Subkultur. Die Bilder sind Treffer, weil sie nicht polemisieren oder beschönigen, sie sitzen, wirken nach, haften.

■ 25 Jahre Meisterwerke – Georg Baselitz; bis 29. Juli, Di–Sa 11–18 Uhr, Niels Borch Jensen, Lindenstr. 34 ■ Thomas Hoepker: DDR Ansichten; bis 9. Juli, Mi–Sa 14–18 Uhr, Galerie Hiltawsky, Tucholskystr. 41 (DDR Ansichten, Hatje Cantz, 256 S., 201 Abb., 35 €)

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen