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Warum der VfB Stuttgart am kommenden Bundesliga-Wochenende verdient deutscher Meister wird

Eine gut abgehangene Weisheit aus dem Brevier der Sportwissenschaften lautet: Meisterschaften sind auf dem Versagen der Konkurrenz gebaut. Stuttgart hat am Samstag das entscheidende Spiel gewonnen. Bremen und Schalke haben verloren. So einfach ist Fußball. So einfach ist der Sport. Wahre Meister können die Last im Moment der maximalen Belastung stemmen, manchmal mit verblüffender Leichtigkeit.

Es mag Trainingsweltmeister geben, Profis, die mit großem Talent durchs sportive Leben gehen, doch in der Phase der Entscheidung schlottern ihnen die Knie, versagen die Nerven, brechen sie innerlich zusammen. Champions indes gewinnen im Blitzlichtgewitter an physischer und mentaler Stärke. Michael Jordan wurde in den Playoffs der NBA regelmäßig besser, sicherte den Chicago Bulls Titel um Titel. Der Boxer Axel Schulz erlebte vor nicht allzu langer Zeit dagegen einen bösen Black-out – so wie die Schalker am Wochenende in Dortmund, die Bremer im heimischen Stadion. Angeknockt taumelten sie nach dem Schlusspfiff über den Rasen, fassungslos über die Geschehnisse, die vor allem für die Königsblauen eine merkwürdige Tragik offenbarten. Wohl wieder kein Titel, obwohl sie seit 49 Jahren darauf warten und endlich vom Meister der Herzen zum Meister der Fakten aufsteigen wollen. Bremen und Schalke hatten es ja selbst in der Hand. Und weil sie das Schicksal zu ihren Gunsten hätten wenden können, ist der Verlauf dieses 33. Spieltages unendlich bitter für die jäh gescheiterten Aspiranten.

Der Ausgang der Saison ist auch schmerzhaft, weil beide Mannschaften ein Trauma hätten überwinden können, Schalke jenes aus dem Jahr 2001, als die Meisterfeier nur vier Minuten dauerte, Bremen jenes aus dem Vorjahr, als Werder drauf und dran war, ins Viertelfinale der Champions League einzuziehen, aber von Torwart Wiese daran gehindert wurde.

Daran gibt es keinen Zweifel: Stuttgarts Meisterschaft wäre verdient. Die Schwaben waren in der Endphase schlichtweg besser als die anderen, stabiler, selbstbewusster, variabler und konzentrierter. Mit dem VfB sollte eine Mannschaft Meister werden, die Fußball offensiv interpretiert, nicht nur durch ihre Stürmer gefährlich ist, die verblüffend jung ist und die es verstanden hat, eine ruhige Saison zu spielen – ohne mediale Scharmützel (Schalkes Schweigegelübde), größeres Transfergedöns (Klose) und nervtötende Personaldebatten (Schalker Torwartfrage um Neuer und Rost).

Nun gut, der VfB Stuttgart hat sich nicht zerrieben zwischen der Liga und dem internationalen Spielbetrieb, aber seine Leistung schmälert das nicht. Die Meisterschaft wäre fair, ehrlich und gerecht – sofern die unberechenbaren Energetiker aus Cottbus nicht noch das Spiel verderben. MARKUS VÖLKER

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