LESERINNENBRIEFE :
Der Park ist ein Kulturgut
■ betr.: „Park oder Party?“, „Lenne hätte nichts gegen das Grillen gehabt“, taz vom 11. 10. 14
Der Große Tiergarten ist ein Juwel dieser Stadt, und zwar so, wie er gerade ist. Wer ihn „verbessern“ will, kann ihn nur verderben. Hat genau so viele Besucher, wie er vertragen kann, ohne geschädigt zu werden. Ein für eine Großstadt nicht hoch genug zu schätzender Rückzugsort für Menschen, Vögel und Pflanzen. Es ist immer wieder beeindruckend zu erleben, mit welcher Freude, Behutsamkeit und Andacht sich die meisten Menschen dort bewegen, der Natur begegnen und sich niederlassen. In einer Zeit, in der das städtische Grün weitgehend dem Verkehrs-, Bau- und Investorenwahn geopfert wird, muss dem Schutz dieses Parks oberste Priorität eingeräumt werden, ist er doch durch Fanmeile und Straßenlärm schon genügend bedroht. Hat sich diese Stadt gegenüber Tourismusindustrie und Eventwahn nicht schon ausreichend prostituiert und ihre Würde verloren? Und wenn Herr Professor Neumann den Tiergarten zu „vermarkten“ gedenkt, sollten wir wissen, wohin dieses und letztendlich jedes Vermarkten führt: in die Banalisierung und Zerstörung. Dieser Park ist ein Kulturgut und kein Vermarktungsprodukt. Bürger, schützt eure Anlagen! HORST JAHN, Berlin
Olympiaspuk beenden
■ betr.: „Kein einfaches Ja zu Olympia“, „Olympia in Berlin? Ja, aber …“, taz vom 11. und 13. 10. 14
Die Diskussion über Olympia, die nun nicht nur das Berliner Abgeordnetenhaus, sondern auch die Grünen auf ihrem Parteitag erreicht hat, halte ich für äußerst befremdlich. Haben wir wirklich keine anderen Sorgen? Berlin hat große Infrastrukturprobleme, denn marode Straßen und Brücken zieren nicht nur das Stadtbild, sondern behindern einen reibungslosen Verkehr. Schulbauten und Schwimmbäder verkommen, Seniorenfreizeitstätten wie beispielsweise in Pankow stehen vor dem Aus, und die Vorzeigebauprojekte BER und Staatsoper kommen nicht so recht voran. Zu alldem gesellt sich dann aber auch noch die skandalöse und sträfliche Vernachlässigung des Personals im öffentlichen Dienst, das nicht nur schlechter bezahlt wird als in anderen Bundesländern, sondern das durch ständige Arbeitsverdichtung auch gesundheitlich geschädigt wird! Man nimmt seitens des Senats nicht nur ernsthafte Erkrankungen wie Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere Stresserkrankungen billigend in Kauf, sondern man setzt das Personal auch schlimmen Anfeindungen und Angriffen wie Morddrohungen und anderen Gewaltexzessen aus, wie kürzlich die Presse berichtete. Der Normalbürger wird in Mitleidenschaft gezogen, denn Service findet kaum noch statt, Aufgaben können nicht mehr oder nur noch mangelhaft erfüllt werden. Nicht nur die Beschäftigten in den Bürgerämtern Berlins können ein Lied davon singen, sondern auch die Angestellten und Beamten in den Jugendämtern befinden sich am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Schon häufen sich immer mehr Fälle von Kindesmisshandlungen, die zum Tode führen, und die Jugendämter sind hilflos, weil der Senat ihnen kein zusätzliches Personal zugesteht! Was muss eigentlich noch passieren, ehe die verantwortlichen Politiker endlich aufwachen? Ich finde, dass in Anbetracht dieser unmöglichen und erschreckenden Situation in der Hauptstadt der Senat jegliches Recht, auch nur einen Gedanken an Olympische Spiele in Berlin zu verschwenden, auf unbestimmte Zeit verwirkt hat!
Auch das oft gehörte Argument, Berlin habe genug Sportstätten und man wolle ja auch umweltverträgliche und bescheidene Spiele veranstalten, kann überhaupt nicht überzeugen, denn der Berliner Senat muss sich an die Vorgaben des Olympischen Komitees halten, und da bleibt ihm wenig Spielraum für eigene Ideen. Auch aus haushaltspolitischer Sicht hat Berlin erst einmal andere Verpflichtungen zu erfüllen, ehe man sich an eine solche Mammutaufgabe heranwagt.
Wie schon bei der Olympiabewerbung 2000 werde ich jedenfalls all meine Kraft daransetzen, diese Spiele in Berlin zu verhindern! Und auch die Grünen sollten sich ihrer Verantwortung bewusst werden und gemeinsam mit Linken und Piraten diesem Olympiaspuk endlich ein Ende setzen! THOMAS HENSCHKE, Berlin-Reinickendorf
Mehr als zynisch
■ betr.: „Pflege überfordert Angehörige“, taz.de vom 10. 10. 14
Ich kann den Inhalt des Artikels nur bestätigen. Die „Familienpflegezeit“, die Frau Lang-Lendorff hier anspricht, ist allerdings mehr als zynisch: Pflegende können für zwei Jahre ihre Arbeitszeit mindern, müssen diese aber nach genau diesen zwei Jahren nacharbeiten. Was haben sich die PolitikerInnen dabei gedacht? Dass man die Anverwandten danach um die Ecke bringt? Oder doch eher, dass sie hübsch „sozialverträglich“ pünktlich sterben? Und mitten in der Trauer arbeitet man die Fehlzeiten ab? Auch wird gerne vergessen, dass es eben nicht nur alte gebrechliche Menschen gibt, die auf Pflege angewiesen sind. Tatsächlich gibt es auch junge Menschen mit Behinderung, die auf Vollpflege angewiesen sind. Gerade Eltern von schwerstmehrfachbehinderten Töchtern und Söhnen können davon reden.
Was ebenfalls gerne ausgeblendet wird, ist der Kampf um die richtige Pflegestufe oder Hilfsmittel wie zum Beispiel ein Pflegebett oder einen angepassten Rollstuhl, der für Angehörige nicht zu schwer zu schieben ist. LESEBRILLE, taz.de
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