ALTE MEISTER: Ein Gouverneur, der zu Sizilien passt
Wer erinnert sich nicht an den Film „Der Sizilianer“ des Regisseurs Michael Cimino? Christopher Lambert spielte die Rolle des sizilianischen Banditen und Separatisten Salvatore Giuliano, der als Robin Hood Siziliens bekannt wurde – obwohl bald nachgewiesen war, dass seine Bande im Auftrag der sizilianischen Mafia operierte.
Unter den Sizilianern verkörpert Giuliano den Mythos des gutes „Mafiusu“. Als Puppe in jeder denkbaren Größe mit Gewehr, Schiebermütze und Weste kann man ihn noch heute an den Souvenirständen der Insel erwerben.
Dort gibt es auch heute einen Mann, der in vielen Aspekten an den berühmten Banditen erinnert: der gleiche separatistische Stolz, die gleiche Beliebtheit beim Volk, die gleichen Beschuldigungen, mit der Mafia unter einer Decke zu stecken; vor allem aber die gleiche Leidenschaft für Waffen, insbesondere für Gewehre. Der Mann heißt Raffaele Lombardo und ist seit April 2008 Präsident der Region Sizilien.
Lombardo, Begründer der „Bewegung für Autonomie“ – eine italienische Partei, die für die Interessen Siziliens eintrat –, hat eine beredte Liste von Gerichtsverfahren, darunter Anklagen wegen Mafiamitgliedschaft. Als die italienische Finanzpolizei im Zuge der Untersuchung über diese vermutete Verbindung zum organisierten Verbrechen auf verdächtige Kapitalbewegungen stieß, hatte er die Antwort schnell parat. Schließlich gab es kaum eine bessere Möglichkeit, sich als echt sizilianischer Held zu präsentieren.
„Alles in Ordnung! Dieses Geld habe ich in meine Bilder- und Waffensammlung investiert“, erklärte Lombardo und organisierte sofort eine Fotoreportage mit der Zeitung La Repubblica über seine Schätze. Darauf zu sehen sind zwölf Porträts, auf denen der Gouverneur mit Gewehr und Weste wie ein traditioneller Mafiusu posiert.
Eine seriöse Erklärung, warum er 30.000 Euro in Waffen investiert hat und warum er im „Palazzo d’Orleans“, dem Sitz der Landesregierung, dieses Arsenal aufbewahrt, blieb der Regionalpräsident schuldig. Tatsächlich hätte er auch die typische Mafiusu-Antwort geben können: „Ich weiß nichts, ich habe nichts gesehen.“ RICCARDO VALSECCHI
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen