piwik no script img

Baugewerbe kippt Tarifeinigung

Nach der gescheiterten Tarifschlichtung in der Bauwirtschaft hat die IG BAU Schleswig-Holstein Nord Arbeitskämpfe in ganz Schleswig-Holstein angekündigt. Auch in Niedersachsen droht Streik. Am 18. Juni soll es losgehen

In Niedersachsen und Schleswig-Holstein werden ab dem 18. Juni voraussichtlich einige tausend Bauarbeiter für einen Tarifabschluss streiken, der schon als ausgemachte Sache galt. Überraschend machten am Montag Abend die Verbände des Baugewerbes in Niedersachsen und Schleswig-Holstein von dem Vetorecht Gebrauch, das sie sich vorbehalten hatten, und kippten damit bundesweit die Einigung in der aktuellen Tarifrunde. Die Gewerkschafter im Norden lassen nun eine Urabstimmung über den Streik entscheiden.

Ende Mai hatte Ex-Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) einen Schlichterspruch für die Tarifparteien in der Bauindustrie vorgelegt, den alle Beteiligten unterschrieben haben. Danach sollte es ab dem 1. Juni dauerhaft 3,1 Prozent mehr Lohn geben und auf zehn Monate befristet weitere 0,4 Prozent. Zum 1. April 2008 sollten die Löhne außerdem um 1,5 Prozent und zum September 2008 nochmals um 1,6 Prozent steigen.

„Zu teuer“, fanden die Verbände des Baugewerbes in Schleswig-Holstein und Niedersachsen und stellten sich damit gegen die Zustimmung ihres eigenen Bundesverbandes. Sie wollen entweder geringere Lohnsteigerungen oder die Zusicherung der Gewerkschaft, die so genannte Öffnungsklausel anwenden zu dürfen, die Löhne bis zu acht Prozent unter Tarif ermöglicht. Die Ablehnung des Schlichtungsspruches stieß auf allseitiges Unverständnis: Die Gewerkschaften sahen das Schlichtungsverfahren gestern in die Nähe einer Farce gerückt und kündigten einen harten Arbeitskampf an. „Diejenigen, die die Einigung jetzt ablehnen, saßen bei den Verhandlungen mit am Tisch“, sagte Jörg Kronberg, der Geschäftsführer der IG Bau in Schleswig-Holstein Nord. Hintergrund der Tarifverhandlungen ist der Aufschwung, den die Bauwirtschaft seit Mitte 2006 erlebt und an dem auch die Arbeitnehmer nach Jahren der Dauerkrise profitieren wollen. Die Umsätze lagen im ersten Quartal 2007 um 19,3 Prozent über dem Vorjahreszeitraum.

Neben dem Baugewerbe, das kleine Unternehmen vertritt, ist die Bauindustrie als Vertreter der großen Unternehmen Tarifpartner. Sie zeigte gestern angesichts der Kehrtwende des Baugewerbes „großes Erstaunen“. Unterdessen forderte der niedersächsische Baugewerbeverband bereits das Ende des Flächentarifvertrags. Von dem drohenden Streik zeigte er sich ungerührt: Er werde das Baugewerbe in Niedersachsen nicht sonderlich treffen, weil es nur wenige Gewerkschaftsmitglieder gebe. KC

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen