LESERINNENBRIEFE :
Medien fehlt der lange Atem
■ betr.: „Enttäuschte Hoffnung“, taz vom 5. 11. 14
Liebe taz, vielen Dank, dass ihr weiterhin über die Situation der Flüchtlinge in der Gerhart-Hauptmann-Schule berichtet, auch wenn das Interesse offenbar, auch eurer Leser, immer weiter nachlässt. Allen anderen Medien fehlt der lange Atem, diese nun schon seit zwei Jahren andauernde Quälerei und der Wortbruch derer, die die Macht in Berlin oder Friedrichshain-Kreuzberg haben, weiterhin zu dokumentieren oder angemessen zu kommentieren. In diesem Punkt ist die taz, die mich in vieler Hinsicht oft ärgert, verlässlich: Menschenrechtsverletzungen verfolgt sie beharrlich über lange Zeiträume. INGRID PITT, Aachen
Unantastbares Grundrecht
■ betr.: „DGB vereint im Schweigen“, taz vom 31. 10. 14
Diese devoten DGB-Wirtschaftsmarionetten müssen ihren Gewerkschaftsjob machen wie Marburger Bund, Cockpit und GDL und eine erneute Aushebelung unserer Verfassung mit allen Mitteln bekämpfen und verhindern. Das Streikrecht ist ein unantastbares Grundrecht! DIRK A. MÜLLER, Lüneburg
Tarifeinheit, ein Ammenmärchen
■ betr.: „Bahnstreik. Das Lokangebot“, taz vom 6. 11. 14
Im Zusammenhang mit dem aktuellen Tarifkonflikt bei der Bahn sowie auch bei der Lufthansa und dem daraus folgenden „Lokführerstreik“ der Mitglieder der GDL wurde von der Arbeitgeberseite die „Tarifeinheit“ als einzig praktikabler Weg für durchführbare Entlohnungs- und Beschäftigungsbedingungen in den Betrieben gefordert. Mich irritiert insgesamt jedoch die Vorgehensweise mit der Forderung nach zwingend notwendiger Tarifeinheit und der daraus abgeleiteten Forderung nach einer rechtlich zumindest umstrittenen gesetzlichen Regelung mit der Folge eines gravierenden und eventuell grundgesetzwidrigen Eingriffs in die Organisationsfreiheit sowie die Tarifautonomie.
Ich halte diese allenthalben erhobene Forderung nach Tarifeinheit so nicht für vertretbar. Die Arbeitgeberseite hat zum Beispiel mit dem Auflösen der aus Bundesbahn und Reichsbahn zunächst gebildeten einheitlichen DB AG in die heutige Konzernstruktur mit ihren ca. 200 oder mehr Tochterunternehmen und der daraus folgenden Anwendung unterschiedlichster Haustarife das die Tarifeinheit begründende Prinzip des gleichen Lohns für gleiche Arbeit bereits massiv durchbrochen. Insoweit ist auch die Aussage der bestehenden Tarifeinheit im DB Konzern bereits ein Ammenmärchen.
Außerdem kann der Arbeitgeber trotz divergierender Tarifregelungen zweier unterschiedlicher Tarife für dieselbe Berufsgruppe – so er es denn will – einheitliche Arbeitsbedingungen und einheitliche Entlohnung wieder herstellen. Er muss sich nur etwas mehr Mühe geben, eine rechtskonforme Lösung innerhalb des zurzeit geltenden Rechts zu finden.
Da das jeweilige Tarifrecht für die in der jeweiligen Gewerkschaft organisierten Mitarbeiter die tariflich verbindlichen Mindeststandards festlegt, ist ein arbeitgeberseitiges Abweichen im Rahmen der Angleichung nur durch übertarifliche Anwendung der jeweils günstigeren Regelung einheitlich auf alle Mitarbeiter möglich.
Regelbar wäre dies zum Beispiel über eine im Anschluss an die Tarifabschlüsse mögliche und mit den betrieblichen Interessenvertretungen (Betriebsräten) zu vereinbarende, die Angleichungen festlegende Betriebsvereinbarung. Diese Lösung hat zudem den Vorteil, dass kein im Sinne des Datenschutzes bedenkliches „Aushorchen“ der Mitarbeiter bezüglich ihrer Zugehörigkeit zu einer, und wenn ja, zu welcher Gewerkschaft, die Umsetzung der vereinbarten Tarife bestimmt und zusätzlich über die Betriebsvereinbarung auch eine verbindliche Regelung für alle nicht einer Gewerkschaft angehörenden Mitarbeiter getroffen wäre.
Ich denke, dass nunmehr nach den allgemeinen Verhärtungen und dem in den Medien vorherrschenden Bashing der Spartengewerkschaften die Rückkehr zu einer Orientierung an rechtlich zulässigen Lösungen des derzeitigen Konfliktes geboten ist, weshalb die Lösung „Abweichende Tarifverträge ja, aber nur mit anschließender Angleichung der Regelungen mittels Betriebsvereinbarung“ durchaus einen zielführenden Lösungsansatz darstellt.
ACHIM RITTER, Wiesbaden
Kritik an die Bahn richten
■ betr.: „What a man“, taz vom 6. 11. 14
Liebe Frau Maier, bekanntermaßen besteht der Knackpunkt darin, dass die GDL auch für die Zugbegleiter Tarifverträge aushandeln will. Die fühlen sich offenbar gut durch die GDL vertreten. Wie kommen Sie darauf, Weselsky mit Hartmut Mehdorn zu vergleichen, der Milliarden von Steuergeldern sinnlos in den Sand setzt? Nur weil Sie sie beide nicht sympathisch finden? Ich denke, der Shitstorm, oder noch besser die Kritik, sollte sich gegen die Bahn AG richten. Würde die auf die Forderungen eingehen, so gäbe es keinen Streik. Ein Arbeitskampf ist immer ein Machtkampf, mit oder ohne Weselsky. Und hat er nicht recht? Er zwingt die Lockführer nicht zum Streiken. Fahrgäste und Angestellte sollten sich lieber gemeinsam für bessere Arbeitsbedingungen und bessere Zugverbindungen einsetzen. Man könnte zum Beispiel dafür kämpfen, dass die beliebten CityNightLiner nicht eingestellt werden.
Selbstverständlich bringt ein Konflikt auch Unbequemlichkeiten mit sich. Ich jedenfalls fahre am Samstag mit dem Zug nach Berlin. Irgendwie wird das schon klappen. UTE WIENERS, Hannover
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