: Großes Fernsehen im Kino
Bei „Großes Fernsehen“, dem TV-Festival zum Medienforum NRW in Köln, gibt es Premieren zuhauf
Das Medienforum NRW findet zwar erst nächste Woche statt, doch in guter Tradition beginnt das zugehörige Fernsehfestival schon ein paar Tage früher. Was da aber am morgigen Donnerstag im Kölner Cinedom startet, ist nicht mehr die Cologne Conference, sondern die im vergangenen Jahr hastig von den Medienforum-Veranstaltern aus der Taufe gehobene Konkurrenzveranstaltung „Großes Fernsehen“.
Die Cologne Conference, die seit 1991 regelmäßig mit hoher Treffsicherheit internationales Spitzenfernsehen nach Köln brachte, hat sich nach dem absurden medienpolitischen Sommertheater 2006 jetzt komplett vom Medienforum gelöst – und findet 2007 erstmals im Herbst (26.09.-2.10.) statt. Was die Medienpolit-Mächtigen in NRW dazu bewogen hat ausgerechnet die Veranstaltung abzuspalten, die dem zuletzt eher schwachbrüstigen Medienforum quasi im Alleingang wenigstens etwas internationales Renommee verschaffte, bleibt nebulös. Offiziell gab es vor allem Verstimmung, weil sich die Cologne Conference vergangenes Jahr Stefan Austs Spiegel-TV als Titelsponsor geholt hatte. Vor allem der in NRW nicht ganz einflusslose WDR war nachhaltig verschnupft.
Der Sender hatte denn auch schon 2006 seine früher gern bei der Cologne Conference platzierten Vorpremieren dem „Großen Fernsehen“ beigesteuert. Es waren fast die einzigen neuen Filme des Ersatzfestivals, das ansonsten mit mauer Publikums-Resonanz TV-Großproduktionen wie „Dresden“ oder „Die Sturmflut“ wiederholte.
Dieses Jahr soll nun alles anders werden: Die über 30 Vorstellungen bieten Premieren zuhauf, dazu kommt die Wiederaufführung von Rainer Werner Fassbinders digital aufbereitetem Klassiker „Berlin Alexanderplatz“ am Samstag und Sonntag. Internationale Beiträge sind allerdings deutlich rarer gesät als bei der Cologne Conference. Zudem werden vor allem Produktionen gezeigt, die bereits einen deutschen Sender gefunden haben.
Das ZDF schickt zum Auftakt seinen „Erlkönig“ ins Rennen, ein Fiction-Krimi mit höchst realem Hintergrund: Vorbild war der Fall des Mercedes-Testfahrers Rolf F., der 2003 einen Kleinwagen von der A 5 bei Karlsruhe drängte – eine junge Frau und ihre zweijährige Tochter kamen dabei ums Leben. In der Produktion von Christian Granderath („Wut“) ermittelt nun Silke Bodenbender als Versicherungsspezialistin und gerät ins Visier eines großen Auto-Konzerns.
Die ARD präsentiert am Samstag vorab den WDR-Zweiteiler „Paparazzo“, bei dem die beiden Fotografen Gonzo (David Rott) und Lazlo (Sascha Göpel) einer verschwundenen Schauspiel-Diva hinterher jagen. Internationaler wird der Montag. Die BBC zeigt mit „Street Doctors“ eine Docusoap, die jedem TV-Landarzt das Fürchten lehrt: Vier AllMediziner praktizieren mitten in Manchester auf der Straße – Reality-TV aus dem Arztkoffer. Anschließend gibt es den kanadischen Polit-Thriller „The Trojan Horse“, beim dem ein kanadischer Staatschef sein Land an die USA verschachern will, um dort selbst Präsident zu werden.
Und wo bleibt der NRW-Touch? Hier: Vom ARD-Großprojekt „Die Germanen“ läuft am Freitag schon mal die „Varusschlacht“, besser bekannt als die „Schlacht im Teutoburger Walde“, die ja vielleicht auch ganz woanders war. Und anschließend folgt die ganz große Sause – der neue WDR-„Tatort – Nachgeflüster“ feiert das zehnjährige Dienstjubiläum von Ballauf und Schenk. STEFFEN GRIMBERG
Cinedom im Kölner Mediapark; Eintritt: 5/3 Euro, Festival-Pass 20 Euro, Sonderpreise für „Berlin Alexanderplatz“. Info: www.grosses-fernsehen.de
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